Zum falschen Zeitpunkt

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Endlich!
Endlich ist es soweit! Der Tag, auf den ich so lange hingearbeitet habe, er ist da!
Denn heute fliege ich im Zuge der Raummission zum Mond! Jahrelang wurde ich von der NASA ausgebildet, Tag ein, Tag aus. Es war eine harte Ausbildung bei der mir wirklich alles abverlangt wurde.
Ich habe die Tage gezählt, bis es endlich soweit war. Meine Aufregung war auf einem Level, das ich vorher noch nie empfunden habe. Nicht einmal bei meiner Hochzeit war ich so nervös und selbst da dachte ich schon "Boah, leck mich am Ärmel!".

Und jetzt sitze ich hier im Shuttle. Vorher noch schnell Wasser lassen gewesen, wer weiß wann ich das nächste Mal dazu komme.
Seit einer Stunde sitzen wir schon hier in der Kiste, die bis in den letzten Millimeter mit Technik vollgestopft ist. Die Nervosität ist kaum noch auszuhalten. Den anderen Beiden, die mitfliegen, geht es nicht anders. Wir unterhalten uns die ganze Zeit um uns irgendwie abzulenken.

"Oh Scheiße, der Countdown geht los. Jetzt gibt es kein Zurück mehr!" sagt Bob, der Commander. Es ist nicht seine erste Mission, trotzdem ist er alles andere als locker.
"Wird schon schiefgehen." antwortet Michael, der Flugingenieur.
Super, genau das will man doch hören, bevor die Triebwerke uns in den Himmel pusten.
Als der Countdown heruntergezählt ist und die Triebwerke vollen Schub entwickelen, schlagen die G-Kräfte so enorm in unsere Mägen, dass selbst die Schlagkraft beider Klitschkos daneben erschien, wie die eines Blumenmädchens.
"Himmel hilf, wie gut, dass ich einen starken Magen habe!" brüllt Michael.

Wir sind alle erleichtert als wir etwa eine Viertelstunde später die Erdumlaufbahn erreichen und die Schubraketen ausgehen.
"War ja schon ziemlich... unangenehm." sage ich. Ich bekomme von beiden ein eindeutiges Kopfnicken als Antwort.

Nachdem wir die Erde eineinhalb Mal umkreist haben, startet die dritte Raketenstufe nochmal voll durch um uns auf Kurs zu bringen.
Ab jetzt ist es entspannt, wir können uns nun frei bewegen.
Als erste Handlung im schwerelosen Raum ziehen wir die schweren Anzüge aus. Welch ein schönes Gefühl sich frei bewegen zu können, dazu noch ohne Schwerkraft.
Die Basis meldet, dass alles reibungslos geklappt hat, dass wir uns in keiner Weise sorgen müssten. Wir bedanken uns für die tolle Arbeit, die sie bis hierher geleistet haben.

Nach etwa drei Tagen erreichen wir den Mond. Er sieht wunderschön aus, es ist nicht zu beschreiben. Das muss man gesehen haben um es wertschätzen zu können.
Ja, auch mit diesen Kratern, die mich stark an sehr unreine Haut erinnern.
Bob bleibt im Raumschiff, während Michael die Mondlandefähre hochfährt. Wenig später steige ich hinzu und Michael und ich machen uns auf den Weg.

Nach ein paar Minuten setzen wir auf, etwas unsanft aber das ist uns egal. Immerhin... STEHEN WIR AUF DEM MOND!
Nun wird es Zeit die Raumanzüge anzuziehen. Safety First, auch wenn uns jetzt schon brüllheiß ist.

Wir haben vorher mit "Schere, Stein, Papier" ausgeknobelt, wer zuerst die Kapsel verlässt. Ich habe verloren, aber das soll mich nicht weiter stören. Hauptsache wir können beide raus.
Zeitgleich stülpen wir uns die Helme über und Michael öffnet die Fähre. Wir melden der Basis, dass alles funktioniert hat und wir auf dem Mond stehen.
Ein jubelndes Raunen ist zu hören, die Jungs und Mädels auf der Erde scheinen sich zu freuen.

Michael und ich machen uns auf den Weg um Gestein zu besorgen. Warum auch immer, eigentlich müsste die NASA genug davon haben. Aber auch das soll uns nicht stören, denn, ich weiß ich wiederhole mich, aber... WIR STEHEN AUF DEM MOND!
Michael ist genauso euphorisch wie ich.

Nun sind wir etwas mehr als eine Dreiviertelstunde auf dem Mond, die Mondlandefähre ist ein ganzes Stück entfernt. Michael und ich suchen loses Gestein, das wir mitnehmen können.
Doch was ist das? Nein, Nein, NEIN, alles nur das nicht!

Meine Nase juckt.

Warum? Warum ausgerechnet jetzt? Ich würde am liebsten den Helm öffnen und mir die Nase kratzen. Aber das ist glaube ich nicht so eine gute Idee. Auch entgegen des Volksglaubens kann ich nicht meine Arme aus den Ärmeln des Anzugs ziehen und mir in Ruhe die Nase kratzen.
Ich habe ein Problem. Und es macht mich wahnsinnig.

"Michael. Ich hab ein Problem. Ein sehr, sehr unangenehmes Problem." sage ich.
"Was denn? Musst du zur Toilette?"
"Ne, war ja eben bevor wir in die Kapsel sind nochmal. Ne, meine Nase juckt wie blöd!"
"Das ist schlecht. Dann geh du doch zurück zur Kapsel und ich such' in der Zeit weiter." schlägt Michael vor.
Ich lehne ab.
"Nein, ich zieh das jetzt durch, Nase hin oder her!"

Michael lobt mich für diesen Kampfgeist.
"Deine Nase juckt nicht. Nein, sie juckt nicht", versuche ich mir einzureden. "Du musst deine Nase nicht kratzen, sie juckt nicht... Scheiße, sie juckt.
Und zwar richtig! AHHH! ICH HALT DAS NICHT MEHR AUS!"
Mehrere Male haue ich meinen Kopf gegen meine Arme in der Hoffnung, dass es irgendwie zu jucken aufhört. Aber Fehlanzeige, die fehlende Schwerkraft macht mir einen Strich durch die Rechnung.

Michael sieht mich an, ein Schmunzeln kann er sich nicht verkneifen.
"HÖR AUF SO DUMM ZU GRINSEN! DAS IST VERFLUCHT NOCHMAL NICHT, ICH WIEDERHOLE, NICHT LUSTIG!
"Tut mir leid aber diese Ironie..."
"WARTE AB! WENN WIR WIEDER UNTEN SIND, WERDE ICH DIR SO EINEN ARSCHTRITT VERPASSEN, DASS DU MEINEN FUß IN DEINEM MUND KRAULEN KANNST!

"Houston, wir haben ein Problem" funkt Michael die Zentrale an.
"Houston hört. Was gibt es denn?"
"Das mag vielleicht lächerlich klingen, aber meinem Begleiter hier juckt die Nase. Er kann sich nicht mehr konzentrieren. Habt ihr da zufällig einen Trick, den wir nicht kennen?"
"Negativ. Das haben wir nicht berücksichtigt. Führen Sie die Mission zu Ende, wenn es sein muss auch alleine."
"Verstanden. Mission wird fortgesetzt."

"Tja, da musst du jetzt wohl durch" sagt Michael. "Komm, wir beeilen uns".

Ja, da muss ich wohl durch. Obwohl ich es kaum noch aushalte. Warum muss der Mond auch so groß sein? Und warum muss hier unbedingt die Schwerkraft fehlen? Es ist zum Haare raufen.
Die Tatsache, dass man hier nur mühsam vom Fleck kommt, macht die Sache nicht einfacher.

Wir kommen an einem Krater an. Die Ausmaße sind so enorm, dass ich es nur mit einem Wort beschreiben kann: Hui.
Überall liegt loses Gestein rum. Wir packen unsere Behälter voll und machen uns auf den Weg zurück zur Fähre.
Es kommt mir wie eine Ewigkeit vor, bis wir angekommen sind. Mein Kopf fühlt sich an, als explodiere er gleich, so bescheuert macht mich meine Nase.
Gut, wenn mein Kopf explodieren würde, hätte das den Vorteil, das meine Nase nicht mehr jucken würde. Trotzdem keine gute Alternative.

Michael spricht mir Mut zu. "Wir sind ja gleich wieder in der Kapsel, dann hast du es ja geschafft."
Mit, verhältnismäßig hohem Tempo hüpfen wir zurück. Und tatsächlich, das glitzernde Objekt, das sich als unsere Kapsel entpuppt, funkelt mir entgegen. Ein schöner Anblick.

Wir steigen ein und verschließen die Tür. Die Fähre füllt sich mit Sauerstoff, der aus einer Vielzahl von Sauerstoffflaschen kommt. Ich ziehe den Helm ab. Ich kratze mir die Nase. "Boa, ist das geil. Das ist besser als du glaubst, ich sag es dir" sage ich zu Michael. Ich kratze weiter, auch als sie gar nicht mehr juckt. Aber es ist ein so unfassbar schönes Gefühl.

Als wir ein paar Tage später zurück auf der Erde sind, werden wir interviewt. Wir beantworten die üblichen Fragen wie "Hat diese Reise Sie verändert?" oder "Wie haben Sie sich vorbereitet?" Dann fragt uns ein Reporter, ob alles gut geklappt habe, oder ob es Zwischenfälle gab.
"Nunja..." antworte ich "... am Raumschiff und an der Mondlandefähre nicht. Der einzige Zwischenfall war, dass meine Nase höllisch gejuckt hat, als wir grade auf dem Mond waren."

Alle lachen.
Manchmal fühle ich mich nicht ernst genommen.

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