Amazing Cinema

Alle Bilder: Columbia Pictures
Im Gegensatz zu Superman, den ich bisher immer langweilig und scheiße fand, gehörte Spiderman stets zu meinen Lieblingscomichelden. Er ist vielleicht sogar DER Lieblingsheld, weil ich mich mit dem Jungen von nebenan simpel gesprochen einfach besser identifizieren kann, als mit einem meiner anderen Lieblingshelden, dem Multimillionär Bruce Wayne, auch wenn mich dessen düstere Welt zuweilen auch schwer begeistern konnte. Aber ich liebte diesen etwas leicht nerdigen Charakter Peter Parker schon als kleiner Junge, der in seinem Kostüm zum dauerplappernden Weltenretter wird, dabei aber seine menschlichen Wurzeln nicht vernachlässigt.

In Sachen Comic verlor Marvel mich jedoch irgendwann, als sie mit ihrer ganzen Klonscheiße anfingen und man sich nur noch ärgern konnte, wie weit sich dort vom Ursprung entfernt wurde und niemand mehr wusste, wer nun der „wahre“ Spiderman ist – anscheinend nicht mal Marvel selbst. Doch es gab ja noch die Kinoadaptionen von Sam Raimi. Ich mag seine Trilogie (gut, den dritten Teil in großen Teilen ausgenommen), wurde jedoch nie so richtig warm mit dessen großspurigem Filmstil und Tobey Maguire als Peter Parker mit dem ich mich, auch wenn ich ihn sympathisch fand, nie recht identifizieren konnte. Es sind also Filme, die ich mag, auch im Regal stehen habe – mehr aber auch nicht.

Sony – die Rechteinhaber am Spiderman-Franchise; komplizierte Sache, weshalb Spidey in absehbarer Zeit auch nicht in offiziellen Marvel-Filmen auftauchen wird – entschied sich nach dem Ausstieg Raimis dann auch für einen Reboot der Serie, mit neuem Regisseur und neuem Hauptdarsteller. Sinn und Zweck sah auch ich erst nicht, mittlerweile sage ich aber, konnte der Filmfigur Spiderman nichts Besseres passieren.

Mit Marc Webb (ja, auch ich machte schon Witze über den Nachnamen) holte sich Sony einen jungen Regisseur, der keine Erfahrung mit Blockbustern hatte, aber extrem gut darin ist, Schauspieler zu führen. Genau dieses Talent zahlt sich in den beiden neuen Filmen aus. War der erste „The Amazing Spiderman“ noch eine gute Originstory, wusste zu gefallen und war Webbs Herantasten an das Format des großen Sommerblockbusters, ist es nun der vergangene Woche erschienene „The Amazing Spiderman 2: Rise of Electro“, der so nah am Peter Parker/ Spiderman ist, wie ich ihn kennen- und lieben gelernt habe. Und was fetzt dieser Film!

Der Film bietet tolle Action
Viele Zuschauer erwarten dabei in erster Linie einen unterhaltsamen Film, der mit viel Action aufwartet und ein paar Gags liefert. Und all das bietet The Amazing Spiderman 2 auch – die Action ist zuweilen „krassfett“. Das hat auch mit dem wirklich guten 3D-Effekt zu tun, der übrigens vor allem dann besonders hervorragend funktioniert, wenn wir mit Spiderman durch die New Yorker Straßenschluchten schwingen – Menschen mit Höhenangst wird durch die geschickte Kameraarbeit da ganz anders, so auch mir.

Insbesondere die Auseinandersetzungen mit Electro sind feinste Actionkost, wenn die Zeitlupen hin und wieder auch etwas überstrapaziert werden. Dennoch wird der Zuschauer permanent in seinen Sitz gepresst, wenn Blitze zischen, Netze gesponnen und waghalsige Sprünge vollzogen werden.

Aber, und das rechne ich der Story und dem Film so hoch an, werden darüber hinaus die Figuren nicht vergessen. Im ersten Teil erfahren wir nur andeutungsweise etwas über Peters Eltern und warum sie ihn als kleinen Jungen bei seiner Tante May und seinem Onkel Ben gelassen haben. In diesem Teil startet der Film mit einer fulminanten Szene mit den Parkers in einem Flugzeug. Im Laufe des Films erfahren wir dabei immer mehr, was Oscorp mit Peters Vater zu tun hatte, woraus sich wiederum einige interessante Verbindungen ergeben. Hier wurde längerfristiger geplant, die Verbindungen zwischen dem ersten und zweiten Teil werden sich sogar bis in den dritten Teil hineinziehen, bleiben dabei aber auch stets nachvollziehbar und interessant.

Die Chemie zwischen den Schauspielern ist "amazing"
Getragen wird der Film aber vornehmlich von seinen unfassbar guten Schauspielern, allen voran Andrew Garfield, unter anderem bekannt aus „The Social Network“. Junge, ist der Typ ein hervorragender Spiderman. Wie schrieb SPON noch: „Selbst unter der Maske erkennt man dessen Emotionen.“ Als Superheld weiß Garfield Spidermans leicht tollpatschigen Charme und seine Wortspielereien durch cleveres Timing gekonnt für diverse Lacher einzusetzen, während er als Peter Parker vor allem in hochemotionalen Szenen zu überzeugen weiß – vor allem im Zusammenspiel mit Emma Stone als Gwen Stacy. Die Chemie zwischen den beiden ist auch über die Leinwand hinaus zu spüren. Eventuell erscheinen die vielen Szenen der beiden dem ein oder anderen als Füllwerk, doch ohne diese Szenen funktioniert das Finale nicht. So ist deren Lovestory zwar zunächst nur ein anscheinend kompliziertes Hin und Her, gipfelt dafür aber auch in einem hochdramatischen Finale, bei dessen Höhepunkt das gesamte Kino die Luft einsog und in Schweigen verharrte.

Flankiert werden diese beiden von der liebenswerten Sally Field als Tante May, die mit Peter ebenso herzerwärmend traurige wie witzige Szenen teilt, sowie Dane DeHaan als Harry Osborn, der die Freundschaft zwischen Harry und Peter sowie dessen Verfall in Hass und Wahnsinn glaubhaft darzustellen weiß. Auch Jamie Foxx ist eine nette Dreingabe – allerdings gibt seine Figur des Electro nicht viel her außer eine zwar nachvollziehbare, aber klischeehafte Verwandlung in den „Oberschurken“. Dafür rocken seine Actionsequenzen extrem.

Spidermans Hauptgegner: Electro
Wenn man so möchte, ist das einfache Fazit zu Amazing Spiderman 2: Der Film hat mich begeistert. Viele unterschiedliche Emotionen gepaart mit Sommerblockbusteraction. Am Ende fühlte ich mich sogar selbst wieder wie der kleine Junge, der Spiderman nachspielte und versuchte, sich seinen eigenen „Webshooter“ zu basteln. Ich wusste plötzlich wieder, warum ich Spiderman sein wollte, wofür er steht und wie gut diese Heldengeschichte bei mir immer noch funktioniert. Was kann es besseres geben?

Ein toller Film für einen höchst unterhaltsamen Abend und ein Muss für alle, die Spiderman auch nur ansatzweise mögen.

Randbemerkung: Diese Rezension bezieht sich auf die englische Originalfassung in 3D, gesehen im Cinestar Düsseldorf.

Kommentare

Vielleicht auch spannend: