Hypeetinger
Diesmal sind wir im Dschungel von Youtubien. Das ist ein ganz
besonderer Dschungel, denn es ist der Einzige Dschungel der Welt, der
sich ausbreitet! Und das täglich! Viele tausend Video-Setzlinge
sprießen jeden Tag und hoffen darauf, ein hoher stolzer Baum zu
werden. Allerdings ist der Kampf um das wertvolle Sonnenlicht hart.
Viele schon höhere Bäume schlucken das Licht und auch der
Themennährboden scheint jeden Tag massiv an Nährstoff zu verlieren.
Trotzdem wächst dieser Dschungel ungebremst, was erstaunlich ist, da
er vom Menschen geschaffen und sogar kommerziell genutzt wird.
In dieser unübersichtlichen Wildnis lebt ein ganz besonderes Wesen,
dem wir uns heute zu wenden wollen: Der Hype-e-tinger.
Dafür sind wir hier an der Wurzelebene des Dschungels, wo manche
Bäume gerade mal wenige Klicks hoch sind. Die meisten jungen
Hypeetinger leben in diesem Teil des Dschungels, wo auch der Kampf um
die seltene Nahrung, dieser kaum erforschten Wesen, besonders brutal
ist. Der Hypeetinger, der zu der Rasse der Netzhipster gehört, ist
nämlich auf der Suche nach so genannten Lebensgefühl-Videos. Es ist
bisher wenig bekannt, wie und welche Nährstoffe der Hypeetinger aus
den Videos bezieht, es ist bekannt, dass diese besonders selten sind.
Wobei besser zu sagen wäre, dass der Hypeetinger auch sehr
wählerisch ist.
Während andere Rassen des Internets sich zum Teil mit den Früchten
der Motivationsreden-Bäume oder auch Ratgebern zufrieden geben, muss
es für den Hypeetinger schon ein Video sein, dass ihm das fehlende
Lebensgefühl liefert und erklärt.
Sollte er aber ein solches gefunden haben, kommt die besondere
Eigenschaft dieses seltsamen Tieres zu tragen: Der Hypeetinger
zerstört umliegende Bäume, bevorzugt die Blätter der schon
besonders hohen, um "seiner" Pflanze mit mehr Licht die
Möglichkeit zu bieten, ein großer stolzer Baum zu werden. Dabei
akzeptiert dieser kleine Schlaumeier sogar eine gewisse Anzahl an
weiteren Hypeetingern, die als Kollektiv die Arbeit erleichtern.
Normalerweise wäre zu erwarten, dass der dann gut genährte
Hypeetinger lange von seiner gezüchteten Pflanze frisst, aber wie so
oft, lockt der Wohlstand auch im Reich der Internettiere Fressfeinde
an. Je höher die Videopflanze steigt, desto wahrscheinlicher ist es
zum Beispiel, dass sich Hate-Raben auf der Pflanze niederlassen
wollen. Diese versuchen nach und nach dei Hypeetinger zu
verscheuchen, in dem sie den Baum mit ihren übelriechenden
Kommentaren zu koten. Was den Hypeetinger und andere Tiere abschreckt,
lockt dann noch zusätzlich die Trolle an, die ebenfalls als
natürliche Feinde des Hypeetinger und eigentlich aller Tiere des
Internets auftreten.
In unseren Breitengraden wird der Hypeetinger immer beliebter, so
dass viele Menschen sich daheim in ihrer SocialCommunity in einer
Freundesliste halten. Ein Hypeetinger ist leicht stubenrein zu
bekommen, die richtige Pflege aber wichtig. So braucht er zum
Überleben daheim die Trocken-Gefälltmirs, die auch in einem
beengten Lebensraum, ihm das Gefühl geben auf einem besonders
klickreichen Video zu leben.
Sollten sie sich einen Hypeetinger halten wollen, seien sie nur bitte
vorsichtig. Internationale Großkonzerne versuchen immer wieder
Hypeetinger im eigenen Labor zu züchten und nutzen dieses aus, um
ihre eigenen Videos wachsen und gedeihen zu sehen. Diese Pflanzen
zerstören aber den natürlichen Bestand des Urwaldes von Youtubia
und zersetzen bereits gewachsene Pflanzen.
Um den illegalen Import der Hypeetinger in Deutschland zu regulieren,
hat die GEMA (Gemeinschaft Empathischen Menschen-Artenschutzes) den
Baumbestand in ihrem Land nicht teilweise nicht verfügbar gemacht.
Sollte diese Entwicklung fortschreiten, werden viele Hypeetinger in
andere Wälder, wie zum Beispiel Vimeo oder MyVideo umgesiedelt
werden müssen. Bisher ist aber nicht bekannt, wie viele Hypeetinger
dort überleben konnten und können. So könnte der Hypeetinger
langsam werden, was sein Namensverwandten, der Wolpertinger bereits
ist: Eine vom Mensch geschaffene Fabel.
So kann man sich dem Thema natürlich auch nähern. Gefällt mir gut. Eine Zeichnung von dem Vieh wäre noch hübsch gewesen. ;) Ich hab's auf andere Art versucht: http://phan-thomas.de/2014/01/wort-zum-sonntag-scherben/
AntwortenLöschenInteressant ist aber vor allem, dass auch jene, die sich von dem besagten Video nicht mal so sehr angesprochen fühlen, bzw. es eher kritisch betrachten, sich zu Äußerungen verleitet fühlen, oder? Ich nehme mich da ja nicht aus.
Eine Zeichnung aus meiner Feder wäre alles gewesen, aber nicht hübsch. ;)
LöschenIch habe mich ja auch verleiten lassen, Hype ist ja aber auch kein unspannendes Thema. Trends und andere ähnliche Begriffe sind nicht umsonst auch Forschungsgegenstand.