Text: Neon

Im Rinnstein liegt ein Lebenslauf. Das zerknüllte Blatt ist in tausende Kleinstaaten aufgeteilt durch geknickte Falzen und Kanten und Zufall und Sinnlosigkeit, so wie echte Landesgrenzen. Auch wenn wir jeden Tag viel leben, gedruckt ist ein größerer Teil unseres Blattes weiß. Vielleicht als Potential, vielleicht als Scham und Unerzähltes, vielleicht als vielleicht. Es rollte ein wenig vom Wind getragen neben dem Regen die Straße entlang. Sirrendes Licht und zehnspuriger Asphalt erklären uns das wir in der Stadt sind. Zur Sicherheit reflektiert Neon in einer Pfütze. 

Es wäre so leicht sich dem Gefühl hinzugeben, so denken es wäre mein Lebenslauf und ein so passendes Bild, ist es aber nicht. Es ist Tinte auf Papier, ein Text, eine Geschichte und wie jede Geschichte ist sie nicht wahr. Vielleicht war sie mal Realität, aber dann wird sie Auswahl und Schweigen, manchmal Werbung, manchmal Analyse, Diagnose, Heldenreise, selbst ein Protokoll wäre über die Wortwahl eine Entscheidung und damit keine Realität, sondern eben was Worte sind: Symbole und Erzählungen. 

Es ist nicht mein Lebenslauf im Rinnstein, aber ich lege mich dazu um etwas menschliche Nähe zu erfahren. Hoffe das der Regen die Tinte aus dem Blatt in meine Haare spült und über die Wurzeln in mir eine neue Geschichte erwächst. Etwas Neon reflektiert in meiner Brille, die Wahrheit sieht anders aus und muss ein Gott sein, denn du kannst nur an sie glauben. Nichts davon ist so passiert. Was bleibt ist ein Puzzle ohne Lösungsvorschlag. 

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