Elementardiät

Magenschmerzen auf dem Niveau von Menstruationskrämpfen. Dazu Überfordern des Magens, manchmal Erbrechen, manchmal Durchfall. Der Schmerz hat so ausgestrahlt, dass laufen teilweise unmöglich wurde. So hat es meine damalige Lebensgefährtin und ich es auch mitbekommen. Was wir erst nicht wussten, woran es liegt. Sie war sich sicher es läge am Fleisch, aber wir haben vegetarisch gekocht und jetzt waren die Probleme wieder da und sie verzweifelt, denn so langsam gingen ihr gedanklich die Lebensmittel aus, vorallem Dinge, die sie gerne mochte. Und da war die Angst, dass es eine schwerwiegende Krankheit sein könnte. 

Ein Arzt gab uns dann, weil auch einige Medikamente nicht halfen, ein Tool mit. Die so genannte Elementardiät. Zwischenanmerkung: Was eine Diät nicht ist, ist das Ziel abzunehmen. Eine Diät ist nur ein Ernährungsplan und Konzept. Wer für den Sport zunimmt hält genauso eine Diät, wie wer auf Zucker, Fleisch oder verarbeitete Lebensmittel verzichtet. Und der Plan ist dafür da etwas zu erreichen, oder in diesem Fall etwas herauszufinden. 

Bei der Elementardiät werden am Anfang alle Lebensmittel "verboten". Das ist der Part der streng eingehalten werden muss. Jeden Tag dürfen nur drei Lebensmittel hinzugenommen oder freigeschaltet werden. Dabei gilt jede (!) Zutat als eines der drei Lebensmittel. Salz ins Nudelwasser? Eine Zutat. Brot mit Margarine und Vegi-Wurst? Drei Zutaten. Anderes Brot? Andere Wurst? Zählen als neue Zutaten. Apfel, andere Sorte Apfel, noch andere Sorte Apfel, alles verschiedene Zutaten. 

Das Ziel der Elementardiät ist zu identifizieren, was das Problem verursacht. Ist bei dem drei Zutaten Butterbrot für den ganzen Tag schon Schmerz dabei, dann mensch eines rausnehmen und gucken was dann passiert. Bis der Auslöser gefunden ist. 

Es ist keine einfache Sache und macht keinen Spaß. Aus Solidarität habe ich damals die Diät mitgemacht. Schnell hatten wir keine Lust mehr wirklich zu essen, weil es fad war. Wir mussten gut überlegen, was wir freischalten wollten. Manche Zutaten brauchten wir für einen Boost der Moral. In einigen Momenten überlegte meine Partnerin ob es nicht besser wäre die Schmerzen zu haben und gut zu essen, als unter langweiligem Essen zu leiden. 

Nach zwei langen Wochen hatten wir den Auslöser gefunden. Es war schon früher nicht das Fleisch, sondern das Öl zum Anbraten. Wir waren froh, weil wir jetzt wussten, was wir ändern müssen. 

Leben, Sport, Kunst machen, Freundschaften, manchmal bereitet uns das was wir tun Leid. Manchmal wissen wir gar nicht sicher, was davon alledem. Manchmal ist es in einer dieser oder anderen Aktivitäten alles schlimm. Woran es genau liegt, wissen wir nicht.

Während der Lockdowns haben manche Menschen in meinem Umfeld plötzlich ihre Studium besser bewältigt. Die "Diät" die notwendigerweise Aspekte von Uni weggeschnitten hat, hat "Zutaten" offenbart, die den Leuten Leid beschert haben. Ähnlich bei manchen Menschen im Homeoffice, die plötzlich mehr geschafft haben. Aber haben aber weniger geschafft. Sie hatten jetzt plötzlich Mangelerscheinungen durch die Diät. Denn nicht alles was wegfällt ist schädlich. Und es ist abstrakt in welchen Bereichen es notwendig ist. 

Suchtkranken wird manchmal empfohlen ihr Umfeld für einige Zeit zu verlassen und die Umstände zu verändern in denen sie leben. Auch eine Art der Diät. Die Zutaten des eigenen Lebens verändern sich erstmal. 

Wenn wir Blockaden in der Kunst haben, dann kann es eine gute Idee sein, eine Art Elementardiät zu machen. Vielleicht darf ich in bestimmten Zeiträumen nicht alle Pinsel verwenden, oder muss mir Textarten und Stilmittel erst wieder freischalten. Vielleicht muss ich meinen Schreibtisch komplett leer machen und nehme jeden Tag nur eines meiner Arbeitsmittel wieder dazu. Natürlich muss die Blockade nicht an diesen Dingen liegen, aber Daten bekommen wir bei so einem Versuch trotzdem. Was wir dringend brauchen, was wir nicht vermissen, was wir übersehen haben obwohl wir es immer nutzen - Looking at you, Anspitzer. 

In der Ernährung und Gesundheit kann ich eine Elementardiät nur nach Rücksprache mit einer medizinischen Fachkraft empfehlen. Aber als Tool zur Analyse anderer Bereiche, da ist es einen Versuch wert. 

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