finden
Mein Kind sagt, dass ich mich nochmal verstecken soll. An der selben Stelle. Mein versteckt ist nicht gut. Die Füße gucken raus, es ist direkt zu sehen, wenn mensch ins Zimmer kommt. Ich "verstecke" mich, das Kind geht aus dem Raum, kommt wieder rein, beginnt zu lachen, fasst mir an die Füße, ich zucke, das Lachen ist laut. Dann wiederholen wir das Spiel. Bis etwas anderes interessanter wird.
Ich habe einen Moment gebraucht, dass das Spiel gar nicht verstecken ist. Das Spiel ist "finden". Mein Kind hat nur noch nicht die Sprache das zu sagen. Alles was ein gutes Spiel ausmacht bietet "finden". Es macht Freude, es gibt in gewisserweise Regeln, es gibt Rollen und es gibt die Möglichkeit sich auszudrücken. So wähle ich alberne verstecke, die leicht zu finden sind. Ich will nicht gewinnen, höchstens herausfordern um die Ecke zu denken. Und das kann ich machen. Was das Kind möchte, möchte ich gar nicht so sehr analysieren. Ich werde es eh nicht sicher herausfinden gerade. Ich sehe aber den Spaß, das Kind fragt manchmal nach dem Spiel oder startet es einfach. Das reicht mir als Information.
Im Leben und in der Kunst ist es manchmal auch so. Das bekannte Spiel und die Ideen der Beteiligten kommen nicht mehr überein. Etwas klappt nicht. Aber was, wenn es Freude macht? Was wenn es nicht genug Zuschauer*innen sind, für das was wir vor hatten? Sagen wir ab, oder finden wir etwas neues was für uns funktioniert?.
In meinen Videos begegnen mir seit kurzem Videos vom Tennis. Weltrangliste, große Turniere. Nach mehreren perfekten Aufschlägen gibt ein Spieler seinen Schläger einem der Ballkinder. "Spiel du", deutet er, in Frustration aber auch im Scherz. Das Publikum lacht, das Ballkind ist etwas unsicher, er bestärkt und tatsächlich kommt es dann zu einem Ballwechsel zwischen Ballkind und Gegenspieler. Viele (gedachte) Regeln sind für den Moment gebrochen, alle konnten Freude haben und das Spiel konnte weitergehen. Der Frust durfte Raum haben und dann aber auch aufgelöst werden. Kurz war es nicht Tennis. Es war etwas anderes. "Sowas wie Tennis". Alle durften zeigen wer sie sind. Ein frustrierter Spieler mit Humor, ein empathischer Gegenspieler, ein Ballkind das spontan mitmacht, ein gnädiger Schiedsrichter, ein involviertes Publikum.
Ich könnte versuchen verstecken richtig zu erklären, aber verstecken ist nicht das Spiel.
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