Muttersprache

Es ist wie ein Anzug. Ich klinge akademisch und habe diese Sprache gelernt, damit ich in diesen Kreisen sein darf. Ich ziehe sie an, damit ich Zugang bekomme. Denn ich möchte lernen und mit Leuten reden können, die viel mehr wissen als ich und viele fachliche Dinge sagen können. Ich trage akademische Sprache, bin aber gar kein Akademiker. Wenn auch ich mich mittlerweile immer mal wieder als Gelehrter sehe, weil ich lese und Podcasts höre und vieles daraus anwenden und weiter geben kann. Aber das ist alles nicht meine Muttersprache. 

Meine Mutter hat mir irgendwann gesagt, dass sie mich nicht mehr versteht. Weil ich so hochgestochen rede. Weil ich Fremdwörter benutze und von Themen spreche, die sie nicht berühren oder sie nicht für sich umsetzen kann. Meine Mutter ist klug, daran liegt es nicht. Aber Muttersprache ist Ruhrdeutsch. Eine einfache direkte Sprache. (Nicht ruhrplatt, das ist nochmal ganz anders). Und ich spreche ruhrdeutsch auch, aber es wurde weniger, weil damit nicht die Türen zu den Gesprächen aufgingen, die ich wollte. 
Ich musste wieder Sprache finden, die auch sie mitnimmt. 

Ich suche immer noch danach. Danach wie ich reden möchte. Etwas, das sich heimisch anfühlt. Oft wenn ich Selbstgespräche führe, ist das auf Englisch. Meine Notizen sind in allen meinen Sprachen, aber auch Zeichnungen und Mustern und Bildern, weil Worte nicht reichen. Ich singe öfter am Tag als ich zugeben mag. Aber ich bin auch wieder klarer für meine Mutter. Andere verstehen mich trotzdem nicht. Ich fühle mich auch oft unverstanden. Also muss ich weiter nach Sprache suchen. 

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