Dokumentationen ballern

Als in dem Video - dem Sprecher zu Folge - annähernd eine Million Vögel zu ihrer langen Reise starten, da entsteht ein Bild, das so beeindruckend ist, dass ich es kurz für unrealistisch halte. Aber es ist nur nicht real für mich, weil ich auf keine vergleichbare Erinnerung zurück greifen kann. Vögel sind schon cool, aber jetzt keines meiner Interesse, aber als ich die Bilder sehe, bin ich auf viele Arten berührt und bewegt. Denn ich stelle mir vor wie es sein muss, selbst mit der Kamera dort gewesen zu sein. Ich denke wie krass bewegend es da sein muss, aber auch wie beängstigend es sein kann. Vor der Kraft der Natur kann einem die eigene Nichtigkeit so wundervoll klar werden. Und darin liegt Freiheit, aber für mich auch oft ein ganz tiefe Verbundenheit. Zum Leben. 

Natürlich ist es toll selbst raus zu gehen und bewusst zu erleben, aber die Wahrheit ist, dass es wohl kaum einen Menschen geben wird, der mal die Gelegenheit haben wird, wirklich die gesamte gesamte Welt zu sehen. Alle Länder, ja vielleicht, aber sicher nicht dort alle Orte und jeden Centimeter. Und es dann auch noch verstehen zu wollen wie das Leben dort ist, das ist eine volle Unmöglichkeit. 

Wenn auch die Qualität schwankend ist, leben wir in den besten dokumentierten Zeiten jemals. Jetzt gerade schreibt jemand in deinem Stadtteil eine Kurznachricht auf Bluesky oder Threads, jemand lädt eine Story auf Instagram hoch, teilt ein Meme oder schreibt Nachrichten per Messenger. Wir fotografieren und screenshoten die ganze Welt, den digitalen Raum, wir dokumentieren teilweise was wir dokumentieren. Und leider verfälschen wir auch die Realität mit künstlicherschaffenden Abweichungen von der Realität, die wir aber als solche Ausgeben. Wir sagen dann das war K.I., und tun so als hätten wir sie nicht beauftragt eine Fälschung zu erschaffen. Aber auch das alles dokumentieren wir. Es sind eigentlich tolle Zeiten fürs Wissen und fürs Forschen und fürs Recherchieren. 

Beim Lernen und Lesen übers Kunstmachen, kreativ sein und die Chance sein Leben zu verbessern, finden sich immer wieder Stimmen in unterschiedlicher Form, die empfehlen sich mit etwas auseinander zu setzen, wovon mensch keine Ahnung hat. Besonders häufig ist mir begegnet, dass mensch vorm Einschlafen zwei Seiten Fachtext lesen soll, die mensch nicht versteht. Das wäre im ersten Moment frustrierend, schafft aber dann zunehmend eben Verständnis und Zugang zu neuer Sprache. Ich glaube schon, dass es reichen kann sich Reizen auszusetzen, die neu sind. Eine neue Musik hören. Eine Frucht essen, die mensch noch nicht oder nicht mehr kennt. Aber eine richtig großartige Gelegenheit ist eben auch, sich eine Dokumentation über etwas anzuschauen, wovon mensch keine Ahnung hat. Vögel zum Beispiel. Wale. Züge. Vulkane. Etwas, was wir vielleicht nicht mehr selbst sehen werden, aber dankbar die Arbeit deren annehmen, die es für uns sichtbar machen. 

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