Alter Ego

Jay Nightwind ist cooler als ich. Jay ist schon mal in einem Hochhaus in Frankfurt das zum Abriss vorbereitet wurde in einem temporären Club aufgetreten. Ich habe mehrere Tage die Woche als Kopierer gearbeitet. Jay Nightwind war Teil einer Opernproduktion am Aalto Theater, hat ein Buch über Depressionen in eine Theaterperformance mit gestaltet und auch geführt. Ich habe seit Wochen keinen Sport gemacht. Jay Nightwind ist ein Alter Ego. Ich bin der gesamte Mensch. 

Wenn ich auf die Bühne gehe, dann bin ich natürlich ich, aber ich bin nicht ich. Ich bin bestimmte Bausteine von mir auf voller Lautstärke und mit weniger Sicherungen, denn wenn ich ich wäre, dann wäre da Angst und Sorge und alles was zwar wichtig ist, aber nicht wenn ich auf der Bühne Menschen meine Kunst schenken will. Dann müssen Bedürfnisse und Teile von mir ruhen und warten. 

Jay Nightwind ist eine Maske, aber eher noch wie ein Mech. Ein Anzug den ich ausstatten kann und der bestehende Fertigkeiten verstärkt. Und er ist austauschbar. Denn ich kann auch andere Alter Egos haben. Sie nicht laut sagen. Sie heimlich tragen. Aber ihre Stärken nutzen. 

Hochleistungssportler*innen machen das auch. Da Training und Leistung auch immer mit Zweifeln kommt, braucht es manchmal eine Version von sich selbst, die schaffen kann, was mensch eigentlich nicht schaffen kann. 

Was wäre euer Alter Ego? Was wollt ihr verstärken? 

Kommentare

  1. Anonym19.11.24

    Glaube, ich hab verschiedene und je nach Quest stelle ich ein anderes Team mit unterschiedlichen Stärken zusammen. Bisschen wie bei Games, wo man dann sagen muss, wen man zu einer bestimmten Mission mitnimmt. Und dann kann man die danach wieder etwas aufleveln, weil sie Erfahrungspunkte gesammelt haben. Manche nimmt man öfter mit, manche seltener. Manche nur in bestimmten Konstellationen und manche nur auf Solomissionen. Manche nur als Notfallbackup. Von manchen trennt man sich irgendwann vielleicht oder lagert sie irgendwo ein und holt sie nur raus, wenn alles andere brennt. Aber es gibt ein Team. Und Skills. Und Waffen und Werkzeuge. In mir drin. Und das ist gut so.

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    1. Ja, das ist in gewisser weise was ich meine wenn ich sage ich kann mehrere haben. Deine Beschreibungen klingen da auch passend für mich.

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  2. Kunstpersonas sind so spannend! Weil sie Arbeitspersönlichkeiten sind um einen guten Job zu machen. Alle haben die aber in der Kunst werden sie im Bürgerlichen Idealismus mit Leben und gesamtperson gleichgesetzt. Was zu Problemen führt. Finde das einen super Aufhänger. Also Kina Lila ist souverän und direkt und laut. Vieles von dem wofür ich sehr unregelmäßig mal bestraft und mal für gelobt wurde. Aber auf der Bühne sind diese Eigenschaften uneingeschränkt positiv und die Rolle klar abgesteckt. Wobei natürlich an manchen Tagen an 'Kina Lile' ein Anspruch gestellt würd echt zu sein alles von Kina zu zeigen. Weil sich das Publikum wünscht dass echte Menschen so klar aber auch eindimensional sind wie Bühnen Personas. Interessantes Thema. Auch der aspekt der Entfremdung zu Jay der da durch scheint.

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    1. Der Begriff der Arbeitspersönlichkeiten ist ein absoluter Volltreffer. Weil es wirklich auch für viele und andere Jobs passt, wo auch Menschen auf eine Art sein müssen, wie sie vermutlich (hoffentlich) zuhause nicht sein müssen.

      Auch deine Perspektive aufs Publikum und das Verhältnis zu Alter Egos und Künstler*innen finde ich sehr spannend. Danke für deine Gedanken dazu.

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