Unperfekt

"Was wir haben ist perfekt.", hast du gesagt. Und mir hat es das Herz gebrochen.
Warum tust du mir das an? Was wir hatten war doch so gut, alles fühlte sich so richtig an und dann? Warum musstest du sagen, dass was wir haben perfekt ist?

Perfekt. Also: Abgeschlossen, beendet, vorbei. Eine in der Vergangenheit vollendete Handlung. Etwas, das keine Zukunft mehr hat. Es ist ja schon gewesen. Es ist ja schon passiert. Es hat seine letzte Form erreicht und ist von nun an nicht mehr zu ändern.



Perfekt, hast du gesagt. Und vermutlich meintest du es nur in bester Absicht, so wie alle, wenn sie es sagen, denn gut ist heute nur, was erledigt ist. Was vorbei ist. Gut ist nur, was perfekt ist, aber nicht alles was perfekt ist, ist so auch gut. Denn was ist, wenn uns etwas besseres einfällt? Wenn jemand einen leichteren Weg findet? Wenn wir einen Fehler übersehen haben, aber für uns, alles schon perfekt ist?

Dann ist der Lehm schon hart, das Holz schon geschnitten, die Farbe schon trocken und wir können nicht mehr zurücknehmen, was wir damals so meinten, aber heute nicht mehr so sehen. Was bleibt uns dann noch, als das Perfekte weg zu werfen, um etwas perfekteres zu schaffen? Und wenn wir das tun, was sagt es  über die Perfektion aus?

Sie ist austauschbar geworden, und so schnell vorbei, wie der kurze Augenschlag, denn wir das Jetzt nennen.
"Was wir haben ist perfekt.", hast du gesagt. Und es war so schnell vorbei, wie eben dieser kurze Augenschlag.

Nein. Ich will nicht perfekt sein. Mein Lehm ist nicht hart, das Holz nicht geschnitten und die Farbe noch nicht trocken. Mein letztes Wort ist noch lange nicht gesprochen und meine beste Geschichte auch noch nicht erzählt. Denn wo du perfekt bist, wo du mit allem so zufrieden bist, dass du vergisst, für die Zukunft, nach besserem zu streben, da will ich nicht aufhören; da will ich nicht halten. Ich will weiter wachsen.

"Was wir haben ist perfekt.", habe ich gesagt und dann bin ich gegangen, um etwas besseres zu suchen, denn bevor es mir das Herz bricht, stehen zu bleiben, gehe ich lieber weiter und bleibe unperfekt.