21:20 Uhr
Lange nicht mehr gemacht. Einfach runter schreiben. Kein schlaues Zitat, kein Podcast von irgendwem, sich mal wieder trauen etwas isoliertes eigenes Denken ab zu lassen. Sich mal wieder trauen, einfach wegen des Tippens zu Tippen, wegen des Schreibens zu Schreiben, nicht zu warten bis der Steinbruch (die Recherche) wieder ein gutes Thema ausspuckt, sondern selber ein bisschen spucken. Ein bisschen den Speichel vom Appetit, ein wenig Blut von den gerissenen Lippen, ein bisschen Gift aus den eigenen Verteidigungsmechanismen und dann noch schön die Nase hochziehen, und es raus rotzen. Die Atemwege frei bekommen.
Atmen ist ja eine dieser selbstverständlichen Sachen die so banal sind, dass wir sie nicht mehr gut und tief beherrschen. Wir haben vergessen, wieviel Macht darin liegt. Das wir unsere Herzfrequenz mit dem Atem senken können. Unser Körpergefühl wieder finden. Das Tor zu Meditation aufstoßen. Verstehen das es bald schneien wird, bevor auch nur eine Flocke fällt, weil wir Geruch und Temperatur in uns auf eine Erinnerung stoßen lassen können. Nur durch Atmen. Fünf Sekunden ein, Fünf Sekunden halten, Fünf Sekunden aus, Fünf Sekunden halten, Fünf mal wiederholen. Das soll schon der einfache Trick sein, um sich wieder in die Gegenwart zu holen und präsent zu machen. Je öfter wir es machen, desto besser klappt es. Ich nutze das jetzt seit über einem Jahr und wenn ich daran denke es zu machen, klappt es super.
Präsent sein. Das ist die Liebeserklärung an das alltäglich, finde ich. Denn bewusst im Selbst und in den eigenen Sinnen stehen, dass wird nicht immer damit belohnt, dass jetzt alles ein erzählenswertes Erlebnis wird. Aber die Gefühle zur Umwelt und sich verändern sich. Ich finde darin eine Sanftheit, die mich selbst manchmal überrascht, weil ich die Welt viel weniger verstehe und viel mehr akzeptiere und dadurch aber den Eindruck habe, sie eben doch besser zu verstehen.
Wem das zu kryptisch ist und abstrakt, den mag ich daran erinnern, dass eine meine Kunstformen eben die Poesie ist und manchmal glaube ich, dass sie das auch ist, weil ich gar nicht immer in Klarheit ausdrücken kann, was in mir vorgeht. Meine Sprache ist der ununterbrochene Versuch sich der Sache anzunähern und der Essenz, die ich der Welt eigentlich schenken will, aber selbst noch nicht das richtige Gefäß gefunden habe, um sie tragen zu können.
Eine Uhr tickt in der Küche. Der Kühlschrank macht irgendeines dieser Gurgel-Schmurgel-Geräusche die sie manchmal machen. Meine Präsenz fokussiert sich auf meine Müdigkeit und eine Kopfnuss die noch nachwirkt von meinem Kind. Es kann ja nicht jeder Tag aus Gold sein. Manchmal bekommt mensch einfach eine Kopfnuss an der niemand wirklich schuld ist und darf dann sein Ego schlafen schicken. Manchmal hat nicht alles einen Sinn. Nicht alles passiert für einen Grund. Nicht jeder Gedanke muss geteilt werden. Manche Schätzen sind es nur solange, wie wir sie nicht ausgraben. Der Glanz und der Wert gehen verloren, sobald sie gefunden sind. Also lege ich mich hin. Es ist Zeit zu schlafen.
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