Rezension: Dead Rising 3

Die größte ironische Leistung der Videospiellandschaft der letzten Jahre sind Zombiespiele. Zombies sind ja diese Körper, die eigentlich verstorben sind, aber wieder zum Leben erwachen und sich dann die verbliebenden Lebenden packen, sie auffressen und auch in Untote verwandeln. Dabei vermehren sie sich rasend und unaufhaltsam, bis am Ende eigentlich unweigerlich alle Menschen zu Zombies geworden sind.
Zombie-Videospiele waren, obwohl es Zombies ja schon seit Ewigkeiten gibt, auch quasi tot, sind langsam wieder zum Leben erwacht, übernehmen immer mehr verschiedene Genres und fördern nochmehr Zombiespiele zu Tage. Vom Ego-Shooter, übers Rollenspiel, zum Sandboxspiel: Immer mehr Videospiele mit Zombiethema erscheinen, rasend und unaufhaltsam. Und wer weiß, vielleicht bleiben irgendwann nur noch Zombiespiele übrig?

Dead Rising ist zwar nicht der Patient Null in diese Infektionswelle, aber vielleicht eines der ersten Opfer der Neuzeit. Es gab einen ersten und zweiten Teil, über die ich aber gemischt viele Kenntnisse habe, behandeln wir also das dritte Spiel mal so, als wäre es ein alleinstehender Zombie.

Wie hat sich DR3 mit Zombies infiziert?
Wir, also der Spieler und Nick Ramos, die Spielfigur, befinden uns in Los Perdidos. Eigentlich hat die Regierung die Zombiesituation dank verpflichtender implantierter Microchips ganz gut im Griff. Auch das Heilmittel Zombrex, das bei frisch Infizierten die Verwandlung verhindern kann, tut seinen Teil daran, dass alles ganz beschaulich wirkt. Wirken sollte.
Tut es aber nicht. Aus einem nicht näher zu erkennenden Grund ist es in Los Perdidos nämlich doch zu einem massiven Ausbruch gekommen und wir lernen Nick kennen, als dieser für sich und seine Freunde eine Fluchtroute suchen will.

Was ist der Plan?
Flucht aus der Stadt. Und die ist natürlich deutlich schwieriger, als anfänglich angedeutet. Alle Fahrzeugstrecken sind nämlich blockiert. Das Militär hat alle Ausfahrten aus der Stadt gesprengt, so dass niemand so einfach aus Los Perdidos raus kommt. Erst will Nick mit seinen Freunden, Chefin Ronda und sexistischem Keiner-weiß-welche-rolle-er-spielt Dick, zu einer Quarantänestation des Militär, aber schnell wird klar, dass innerhalb von Los Perdidos keine Hilfe zu erwarten ist. Nicht von oben.
Oben ist aber die angedachte Fluchtrichtung. Ein Flugzeug soll gebaut werden und dafür muss Material und auch Sprit rangeschafft werden.

Kann das klappen?
Die Suche nach dem Sprit als erste Aufgabe lässt auf weitere Figuren treffen und erzählt ganz solide eine gute Geschichte in der Stadt. Nach und nach geht es voran, aber mit immer mehr aufkeimenden Fragen, steigt auch die Spannung. Und natürlich läuft es nicht so, wie es soll, während Nick zwischen Fraktionen gerät, die eher unterschiedlich gut mit einander auskommen. Da gibt es den geheimnisvollen Boss im Stripclub, die "Illegalen" Widerständler ohne Chips, die dringend beweisen wollen, welche Fehler die Regierung gemacht hat, den alten Kindheitsfreund aus dem Heim, das Militär, das Los Perdidos mit Brandbomben dem Erdboden gleich machen will und und und.
Die Geschichte wird nie zu kompliziert und ehrlich gesagt die Figuren auch nie extrem tief. Die Sprüche und Dialoge der Figuren sind etwas hohl, aber in einer Art, die das Spiel angenehm trashig erscheinen lassen. Trotzdem wird genug Geschichte und Konflikt transportiert um Spannung zu erzeugen.

Wem die inhaltliche spannende Geschichte aber nicht reicht, dem liegt auch noch ein Zeitlimit von Fünf Spieltagen im Rücken. Wer bis dahin nicht alle Storymissionen geschafft hat, wird Opfer der Brandbomben. Wem das auch nicht reicht, kann sich auch noch die Zeit mit dem Erfüllen diverser Nebenmissionen, die ein anderer geheimnisvoller durchgibt, verkürzen. Wobei der Spieler dadurch andere Boni bekommt, die oftmals auch nicht zu verachten sind. Mit den "Psychos" sind auch noch kuriose Bossgegner in der Stadt verteilt und wenn dann auch noch all die Sammelgegenstände dazu kommen, hat mensch eigentlich schon mehr zu tun, als in Fünf Tagen zu schaffen ist. Achso: Mit jedem weiteren Tag steigt natürlich die Zahl der Zombies in der Stadt, so dass der Schwierigkeitsgrad auch schon zwangsweise ansteigt.
Wem das dann immer noch nicht spannend genug ist, der kann im "Albtraummodus" die Zeit von Fünf auf Drei Tage herunterschneiden.

Warum kann Nick Ramos das eigentlich überleben? Was kann der denn besser als andere Überlebende?
Anfangs gar nicht mal so viel. Er ist vom Spieler gesteuert, das hilft vielleicht. Und beschenkt mit einer sehr guten und präzisen Steuerung. Ich habe kein einziges Mal bei meinem Durchspielen das Gefühl gehabt, die Eingabe lässt mich im Stich und wenn was schiefgegangen ist, war ich wirklich selber schuld. Sehr dankbar, so in der Zombieapokalypse.
Was ihn aber tatsächlich etwas über andere Überlebende stellt, ist seine Fertigkeit kreativ Gegenstände zu kombinieren. Und ab hier wird Dead Rising für mich zu einem extrem guten Spiel, das es anbietet für die Spielezukunft zu träumen. Das Kombinieren läuft zwar "nur" über Baupläne ab, die im Spiel zu finden sind, aber die Waffen die dabei zu erstellen sind, rangieren zwischen extremer Coolness und totalem Irrsinn. Beispiele gefällig?

Mit dem passenden Bauplan kann Nick aus Handschuhen und einem Maschinengewehr die "Jazz-Hände" bauen. Dann hat er an jedem Finger ein Schnellfeuergewehr und löst über die Daumen die Waffen aus. Nicht das richtige am Frühstückstisch, aber genial gegen Zombies.
Mit Edelsteinen und einer Taschenlampe wird der Traum vieler Nerds war: Ein Laserschwert ist mit Leichtigkeit gebaut. Mit einem "Massagegerät" und einem Laubbläser lässt sich eine Kanone bauen, die Vibratoren verschießt. Mit einem Spielzeughubschrauber und Sägeblättern lässt sich eine fernlenkbare Flugsäge bauen. Aus einer Dampfwalze und einem Motorrad ein sehr verrücktes Walzenrad. Und der Wahnsinn hört einfach nicht auf.
Vielleicht sind viele offensichtliche Zombietötungsmaschinen nicht dabei, aber dafür umso mehr, die einem in den wildesten Träumen nicht einfallen. Spätestens bei der "Todesampel", eine der 103 zu erbastelnden Waffen, ist mensch vollkommen begeistert. Während des Spieles hatte ich immer das Gefühl: "Nicht mehr lange und wir dürfen ganz alleine Waffen frei kombinieren!"

Das Nick sich auch durch Erfahrungspunkte in 50 Stufen verbessern lässt, fällt fast ins Hintertreffen, auch wenn die freie Charakterentwirklung an Nah- & Fernkampf, Inventarkapazität, Lebensenergie und anderen Werten sehr gefällt. Jeder Spielstil kann befördert werden oder eigene Schwächen kompensiert werden.

Wer übrigens nicht alle Baupläne, andere Sammelgegenstände oder sonstigen Kram wirklich nicht in einem Durchspielen bekommen hat, braucht sich nicht ärgern. Alle Kapitel können mit den bereitserspielten Leistungen neuangewählt werden, manches kann sogar nur mit der Rückkehr in alte Kapitel erlangt werden. Für Sammelfreudige Spieler ist Dead Rising in jedem Fall perfekt.

Und auch sonst muss ich sagen, präsentiert sich Dead Rising 3 extrem stark. Neben allen erwähnten Fertigkeiten, wird auch noch Kinect sinnvoll eingebunden (um zum Beispiel Zombies anzulocken oder Begleiter zu steuern) und funktioniert hervoragend, dann ist die Grafik auch gut, ach und überhaupt: Ich habe mir nie ein bestimmtes Zombiespiel gewünscht, aber DR3 hat es alles. Und von allem so viel, dass hier immer noch nicht alles steht. Multiplayer, Punktechallenges, Anspielungen auf berühmte Zombiefilme und andere Teile der Popkultur, Geheimnisse und es hört einfach nicht auf. Ich habe vielleicht wenig Vergleichsmöglichkeiten bisher, aber es ist vielleicht das beste Spiel für die XboxOne im Startlineup. Und endlich eines mit einer Geschichte.

Jetzt würde ich ja gerne den Kauf empfehlen, aber dafür muss man sich wohl an unsere Freunde in Österreich wenden. Hier ist DR3 nicht erhältlich. Ist aber nicht so schlimm, der XboxOne ist das nämlich egal. So egal, dass man sogar in den Einstellungen der Konsole sein Heimatland auf Österreich stellen kann und plötzlich im Online-Marktplatz auch alle DLCs erscheinen. Danke, Microsoft! Also sagen wir es mal so: Würde es DR3 in Deutschland geben, sollte sich jeder Freund eines guten Actionspiels und auch eines guten Zombiespiels zu legen.

Alles andere wäre außerdem sinnlos. So wie die Menschheit nie effektiv eine Zombieapokalypse überstehen würde, wird auch die Zombiespieleapokalypse überstehen. Dann doch lieber dabei sein, vor Zombie Kart Racing, Zombie Tennis, The Zombie Scrolls: Liferim, The Legend of Zombie, Zombie Crush Saga ....

Kommentare

  1. Gute auf den Punkt gebracht. Ich war sehr skeptisch und wollte mir das Spiel nicht holen, weil ich den Vorgänger mal angespielt hatte und überhaupt nicht zu recht kam. Dank Twitch konnte ich mir das Spiel bei anderen mal anschauen und musste es dann haben.

    Die Story ist wirklich herrlicher Trash und sollte nicht ernst genommen werden, die offene Spielwelt mit all seinen Möglichkeiten (Sammelwut, Zombiegemetzel - mit den absurdesten Waffen, Nebenmissionen) und die Integration von Kinect und Smartglass ist wirklich für einen Starttitel überzeugend gelungen.

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