Relative Werte
Mein Vater war manchmal ein Komiker. Als er scherzhaft gesagt hat, dass er Einsteins Relativitätstheorie erklären kann, hat er immer gesagt "Wenn ich dir einen Finger in die Nase stecke, dann haben wir beide einen Finger in der Nase, nur dass es mir dabei relativ besser geht als dir." Auch wenn das wenig mit der eigentlich Theorie zu tun hat, erklärt es -leider- sehr gut etwas über relative Bewertungen.
Aus meinem Leben habe ich auch inzwischen ein Bild, das ganz gut passt. Ich bin queer. Im Rahmen dessen und dem Inneren Outing habe ich mir einige Fragen gestellt. Eine davon ist, wie ich mich mit meinem Gender fühle. Denn die klassische "Männlichkeit", mit der connecte ich dann irgendwie nicht. Das Ding ist aber, schaue ich auf mein Umfeld, dann habe ich da einen Haufen queerer Menschen, neben denen ich mich, weil sie es anders ausleben als ich, schon dolle wie ein dudiger Dude aussehe. In anderen Umfeldern, die wenig queer sind, die die "alte klassische Welt" vertreten, bin ich allerdings schlecht mit den anderen "Männern" zusammen zu bringen, weil ich mit denen in Sachen Auslebung des Genders irgendwie nicht so kompatibel bin. (War früher ein größeres Problem, jetzt habe ich hauptsächlich akzeptierende Menschen um mich) Aber auch das ist ein Beispiel von Relation. Denn während ich bei den Queers weniger queer aussehe, sehe ich bei den Heteros weniger hetero aus.
Was hat das mit Kunst zu tun? Manchmal denken wir dass etwas was wir machen nicht erfolgreich ist, haben aber keine Verhältnisse dazu. Unsere Veranstaltung mit 40 Gästen finden wir nicht gut besucht, aber wie gut sind vergleichbare Veranstaltungen? Wie läuft es bei anderen Events in der Stadt, in unserer Kunstform? Wissen wir sicher, dass 40 wenig ist? Und wie ist der Rahmen? 40 Leute im Westfalen-Stadion sind wenig, 40 Leute in einem Kiosk sind sehr viel und vielleicht sogar zuviel.
Und ja, vielleicht hat jemand anderes mehr Follower*innen, aber was wenn davon weniger Prozent auf Postings auch reagieren? Schön wenn jemand einen hochbezahlten Auftrag bekommen hat, aber es kann sein, dass wir mit kleineren Jobs am Ende des Jahres trotzdem mehr eingenommen haben. Und vielleicht sind die Arbeitsstunden für den hochbezahlten Job so viele, dass er am Ende schlechter bezahlt ist als die vielen kleinen pro Stunde.
Je nach Messwert und Kriterien verändert sich das Verhältnis von Informationen. Wir sollten sehr gut prüfen, was für uns wichtig ist.
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