Bolle

Es gibt dieses schreckliche Lied. Es geht um Bolle und Bolle ist auf einem großen Fest und es passieren ihm richtig schlimme Dinge. Er verliert seinen Sohn im Getümmel, gerät in eine Rauferei, greift Leute mit einem Messer an, wird Ziel häuslicher Gewalt, ich glaube er verliert sogar den Auge, am Ende stirbt Bolle. "Aber trotzdem hat sich Bolle ganz köstlich amüsiert, aber trotzdem hat auch Bolle, ganz köstlich amüsiert.", habe ich im Ohr. Der Teil den ich als Kind kannte und gemerkt hatte vom Singen am Lagerfeuer, war schlimm, aber auch interessant, aber auch eine seltsame Lektion. Auch wenn dir schlimmes passiert, kannst du gute Laune haben.

Das Lied ist aus einer anderen Zeit, steht wohl für eine Kultur eines Berlins zu anderer Zeit, alles roh, das Leben hart, aber die Momente werden mitgenommen, ein Lied darüber gesungen, in fröhlicher Stimme über schreckliche Ereignisse. Widersprüchlich, mit Akzeptanz. 

Oft schaffen wir das nicht. Ich glaube es hat was damit zu tun, wie wir gesehen werden und gesehen werden wollen. Damit, dass wir nicht fühlen wollen und deshalb vieles was in uns lebendig sein möchte unterdrücken. Bolle lebt voll und präsent, auch wenn das hässlich, aber unterhaltsam ist. Wir mögen manchmal auch lachen, wenn alles schrecklich ist. So ist mein Jahr gar nicht mal so gut, ich bin zuletzt oft traurig, oft wütend und habe richtig gute Laune. Weil ich darin nicht ersaufen will. Und weil beides geht. 

So schräg das Lied mit Bolle ist, es wirbt für das Erleben und zulassen von gefühlten Gegensätzen. Am Anfang des Liedes ist da eine seltsame schräge Hoffnung. Es liegt Lebendigkeit in den schlechten Gefühlen. Und Lebendigkeit ist was wir uns schulden. 


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