Ein Tag weg von zuhause und schon

Lichtverschmutzung. Ich vergesse oft, dass es das gibt. Im der Stadt ist es die Menge aller Lichter der Nacht. Ich merke es erst wieder, als ich in der ländlichen Kleinstadt bin. Der Himmel ist klar, ich sehe schon Sterne, während der Sonnenuntergang in Zeitlupe seinen Weg sucht. Hier kann mensch die Rundung der Atmosphäre sehen. In der Stadt ist der Himmel eine Scheibe, weil Hochhäuser, Kräne und andere Anker ihn festhalten und in Spannung halten. 

Das Licht von draußen ist in meinem Zimmer so hell, dass ich kein Nachlicht brauche. Als ich hier die Einschlafbehleitung fürs Kind mache, müssen sich meine Augen, die früher immer ganz gut Restlicht eingefangen haben und im Dunkeln gut sehen konnten, erstmal langsam wieder gewöhnen. Durch das Oberlicht kommt ein Rest, der in der Stadt unter der Messbarkeit liegen würde. 

Der Durchschnitt ist laut. Beim Ton, beim Licht, beim Geruch. Auch wenn ich hier näher am Wasser bin, konnte ich früher in meiner Stadt immer das Meer rauschen hören. Nur dass es die A40 war. Jeder Tropfen ein Auto, jede Strömung Lastkraftwagen. Hier höre ich das Rauschen meines Blutes in meinen Ohren. 

Ich hatte es nicht vergessen. Ich war noch nie hier. Mein Unterbewusstsein macht einen Dia-Abend, zieht alte Erinnerungen hervor. Eine Mischung aller Statuen die ich je gesehen habe. Alle Kirchen. Alle Dorfgassen. Keine passt, alle passen, es kommt zurück, dass es das gibt. 

Vorher hätte ich keinen Satz gehabt für einen Weg im Dorf, eine kleine Tankstelle in der Nacht, ein Museum das zwischen historisch-akurat und baufällig springt. Den Rahmen geändert, ändern sich die Worte. An einem Bahnhof werde ich gefragt, ob ich aus dem Ruhrgebiet sei, ich würde ja so sitzen. Für die Leute hier bin ich ein neuer Rahmen, wecke deren Dias. Es ist ein fairer Tausch. Reisen ist im besten Fall fair. Ich werde satt. Es gibt keine Erlebnisverschmutzung. Der Tag hört einfach auf, wenn er fertig ist. 

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