Heilen ist vorbei

Menschen die in Therapie sind haben oft Traumata. Menschen die nicht in Therapie sind auch, aber die nehmen ihre Verletzungen anders oder nicht wahr. Trauma heißt erstmal sehr vereinfacht gesagt auch einfach nur Verletzung. Und Menschen deren Verletzungen als Leidensdruck deren Leben stark beeinflussen, die sprechen dann viel von Heilung. Und sie erwähnen, dass sie gerade heilen, oder heilen müssen. Sie liken Beiträge wo Tipps gegeben werden wie mensch heilen kann, sie halten sich an sanften Floskeln fest, die für welche die kein Trauma haben oder es nicht bearbeiten, wie traurige Placebos, aber für die verletzten Menschen sind es eben gut dosierte kleine Schimmer Hoffnung. Nicht alle von den Sätzen erfüllen sich, aber ich kann am Ende auch nicht mehr sagen welche einzelne Tablette Antidepressiva mir geholfen hat. Sie helfen, weil ich sie regelmäßig nehme und mein System einpegele. 
Und sie helfen auch nicht alleine, denn die Tabletten retten dich nicht, sie machen dass etwas war in deinen Speichen hängt entfernt wird, damit du wieder fahren kannst, in die Pedale treten musst du dann selbst schon auch ein bisschen. Manchmal geht es bergab und wir müssen nicht strampeln, aber es ist eben unmöglich, dass es so für immer bleibt. 

Heute morgen als ich meine Morning Pages schreibe, eine meiner Arten in die Pedal zu treten, merke ich, dass ich gar nicht mehr über die Heilung spreche. Ich erwähne sie nur noch selten. Weil ich langsam vielleicht einfach über den Kipppunkt bin. Ich in meinem Fall beschreibe meine Traumata auch oft mit Verhaltensweisen, die Sucht sehr ähnlich sind. Und ich glaube da ist es ähnlich. Natürlich musst du dich als ehemals süchtige Person jeden Tag gegen deine Sucht entscheiden. Immer wieder. Denn dein System wird sie nie vergessen und die Schemata nie wirklich entlernen. Aber es werden Tage kommen, wo du es unterbewusst tun kannst und dadurch viel bewusster sein kannst. Du redest nicht mehr über deine Verletzung, aber nicht um sie auszuschweigen. Du redest nicht mehr drüber, weil du den Teil deiner Seele der verletzt war wieder voll belasten kannst. Weil du so oft damit wieder aktiv warst, dass du die Narbe zwar immer siehst, aber die Narbe ist nicht der Teil deiner Identität der dich ausmacht. Du bist ausreichend geheilt, dass du nicht mehr über die Heilung reden musst. Und vermutlich hast du dein Leben so verändert, dass die Verletzung sich nicht erneuert. Du weißt jetzt wie du dich abrollen musst, damit du die selbe Stelle nicht neu auf machst. Und weil du so viel geübt hast, musst du nicht mehr überlegen wie die Schutztolle geht, du machst sie automatisch. Und du siehst auch, wenn sie unsauber war, wenn sie nicht so wie gelernt war. Dann übst du wieder. Die Grundlagen sind wichtig. Aber ohne zögern, denn das Heilen ist vorbei. Auch wenn es nie ganz vorbei ist. 

Vielleicht, denke ich gerade spontan, ist das Heilen eben auch eine aktive Handlung. 

Kommentare

  1. Anonym25.12.24

    Musste an dieses Reel denken.

    https://www.instagram.com/reel/DD3jfFNMeNH/?igsh=b2pvY3dnbTFhN21x

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