Emotionale Halbwertzeit
Nukleares Material zerfällt. Allerdings wissen wir nicht ganz genau in welchem Tempo. Wir können allerdings Zeitpunkte bestimmen an denen etwa die Hälfe des Materials zerfallen ist. Aber welche Teile des Materials zerfallen können wir nicht genau vorhersagen. Um dieses Problem zu erklären hat Schrödinger das Gedankenexperiment mit der berühmten Katze beschrieben. In diesem sagt er, dass wenn eine Katze in einem Karton ist den wir nicht einsehen können, ist sie für den Moment gleichzeitig lebendig und verstorben, weil wir nicht sicher wissen was drin passiert, eh wir nicht in den Karton schauen. Schrödinger wollte damit wohl zwei Sachen aussagen:
Die Beschaffenheit einiger Dinge ist, auch wenn wir den Ausgang kennen, zu manchen Zeitpunkten des Prozesses gegenläufig. Während wir etwas lernen, können wir es schon, aber auch teilweise noch nicht. Wir werden es am Ende mit einer hohen Wahrscheinlichkeit beherrschen können, aber während wir drin sind hängen wir in einem Zustand, wo beide Aussagen wahr wären. Es lassen sich viele Beispiele dafür finden. Vor dem Duschen bin ich schmutzig, aber während des Duschens gibt es viele Phasen wo ich zeitgleich sauber und schmutzig bin. In unklaren Anteilen, aber mit der Klarheit dass ich über einen Kipppunkt in einen anderen Zustand geraten werde.
Die andere Aussage von Schrödinger war aber auch, dass sobald wir etwas beobachten, wir es auch verändern und wir damit eine Einmischung in den Prozess vornehmen. Denn öffnen wir den Karton mit der Katze darin, auch im Gedankenexperiment, ist es leicht sich vorzustellen, dass die Katze auf uns reagiert. In verschiedensten Weisen. Und auch sonst im Leben stimmt das. Nehmen wir Stichproben von etwas, stellen wir jemandem eine Frage, verändern wir den Vorgang der gerade in Bewegung ist.
Mein Gefühl ist, dass das auch für Emotionen, Launen und Stimmungen wahr ist. Wir können beeinflussen und einwirken auf unser Denken, Handeln, Verbindungen, aber wir haben keine Garantie wann dadurch bestimmte negative Emotionen zerfallen. Genauso können wir nicht vorhersagen, wie lang unser nächstes Hoch in der Laune anhalten wird. Fangen wir an uns zu erfassen und zu beobachten, nehmen wir Einfluss auf unsere Emotionen. Inklusive der Kipppunkte. Denn Sonja Lyubomirsky sagt in einem Podcast, dass Menschen die zu verbissen das Glück suchen, sehr unglücklich werden können, besonders wenn sie sich immer und alles tracken. Trotzdem gibt es Hinweise darauf, dass eine bewusste Praxis in sich reinzufühlen einen positiven Effekt haben kann. Aber in welchem Tempo und bei wem es welchen Effekt hat, dass kann die Forscherin auch nicht präzise vorhersagen.
Manche Gefühle gehen tief in uns. Sie sind ein Trauma oder eine gut angelegte Resilienz in uns. Sie können uns nachhaltig Freude bereiten oder uns Leiden lassen. Wir können etwas daran tun, wir können nur nicht vorher bestimmen wie lange es dauern wird. Aber es wird sicher irgendwann einen Zeitpunkt geben, wo all das schlechte sich halbiert und zerfällt.
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