Sich überleben: Denken ändert sich über die Sprache
Vor einiger Zeit ging es mir nicht so gut, aber ich hatte etwas Energie übrig. Also habe ich im Sinne meiner Selbstwirksamkeit kleine Erkenntnisse und Merksätze hier im Blog aufgeschrieben, die mir geholfen haben aus schweren Zeiten und Denkmustern raus zu kommen. Daraus ist dann eine unregelmäßige Reihe im Blog mit sanft übertriebendem Namen geworden: "sich überleben" und wenn ihr auf die Worte klickt, kommt ihr zu allen Beiträgen.
Der wichtige
Disclaimer wie immer: Wenn ihr großen Leidensdruck empfindet, werden
meine kleinen Gedanken hier das nicht beheben können. Je nachdem was da
in euch vorgeht, könntet ihr eher Unterstützung von Therapeut*innen
brauchen. Scheut euch nicht, Therapie kann ein guter wichtiger Ort sein.
"Erst muss sich die Sprache ändern, dann das Denken"
Zuletzt habe ich diesen Satz im Buch "Was wird es denn? ein Kind" von Ravna Marin Siever gelesen. Da ging es darum, wie wir die Chancen erhöhen können unsere Kinder geschlechtergerecht und/oder geschlechterneutral erziehen zu können.
Allerdings gibt es deutlich mehr Quellen, welche belegen, dass Sprache unser Denken formt. Und selbst so problematische, weil toxischen Zitate wie "Es gibt keine Probleme, nur dornige Chancen" nutzen genau diese Technik und Überzeugung. Robert Entmanns sozialwissenschaftlicher Begriff des "Framings" zeigt zum Beispiel auch genau darauf, wie die Auswahl dessen was wir erzählen, beeinflusst wie andere (und wir selbst) über uns denken. Denn wenn wir vertrauenswürdig sind, dann glauben uns andere. Auch, wenn wir schlechtes sagen. Zum Beispiel über uns selbst.
Viele Menschen neigen aus (falscher) Bescheidenheit, geringem Selbstwert oder ganz anderen Gründen, zu selbstverletzenden Aussagen. Das Problem dabei: Wenn wir so über uns sprechen, macht es auch etwas damit, wie andere uns sehen. Und eben auch damit, wie wir selbst uns sehen. Es kann eine sich selbsterfüllende Prophezeiung daraus werden. Jetzt wäre der Verdacht ja naheliegend, dass einfach das präzise Gegenteil getan werden müsste: Einfach richtig toll über sich reden, etwas über- statt untertreiben und dann wissen alle, dass ich der Beste bin. Was halt auch nicht beweis- und überprüfbar ist. Und da liegt das Problem: Das wissen wir selbst immer. Denn wenn auch es recht einfach ist zu versuchen andere Menschen zu belügen, ist es wohl unmöglich das bei sich selbst zu tun.
Das Geheimnis kann die Linie dazwischen sein. Anstatt unbedingt Qualitäten benennen zu wollen ("der beste" "der schlechteste" "der tolle Auftritt" "das schöne Bild") können wir uns an der Stärke der Neutralität erfreuen. Die kommt besonders dann auf, wenn wir nicht mehr über unsere Qualität reden und damit versuchen zu beeinflussen wie andere über uns urteilen, sondern in dem wir benennen, was wir tun und was wir denken. Das kann dann entweder bedeuten zu sagen: "Ich habe eine Bild gemalt" oder aber eben zu sagen: "Ich selbst bin mit dem Bild nicht so zufrieden." Eine Aussage als eine Meinung oder ein Erleben zu beschreiben durch "ich denke"/"Ich finde" etc. verschiebt die Wertung von dem Versuche zu definieren was die Qualität ist, und macht eine Meinung daraus. Und ja, das ist besser. Vorallem für den Anfang ist es wert das zu üben. Denn wenn wir erstmal wieder neutral sprechen können, wird es uns leichter fallen uns langsam auch an das Positive zu trauen.
Die Fragestellung warum sich oft erst Sprache ändern muss und warum es sinnvoll ist das zu üben, ist übrigens wie im ersten Absatz angedeutet auch von gesellschaftlicher Bedeutung. Denn wenn wir in einer besseren Welt leben wollen, müssen wir vielleicht nicht erst alles uns alle um uns herum verstehen. Wir müssen nicht entgendern zum Beispiel für uns selbst brauchen oder verstehen. Aber wenn wir es anwenden, wird das Verständnis nachrücken, aber auch eine Praxis im Alltag damit entstehen. Denn wenn wir ehrlich sind, wir wissen auch nicht immer wie alle Bauteile oder Lebensmittel funktionieren und aufgebaut sind, aber wir können sie benennen und verwenden. Die Sprache kommt immer zu erst, weil sie uns erlaubt Dinge zu erfassen. Deshalb dürfen wir sie nicht vergessen, wenn wir uns verändern wollen.
Persönliche Perspektive:
Meine Sprache war langezeit voller militärischer und kämpferischer Begriffe. Das ist darin geendet, dass Menschen um mich herum dachten, dass ich sehr polare Haltungen habe uns sehr drastisch bin. Wut wurde mir auch häufig als Emotion zu geordnet, auch wenn es in mir in Wirklichkeit anders aussah. Aber auch ich habe gemerkt, dass ich wirklich auch zu Polaritäten geneigt habe. So gab es Verräter*innen und Feind*innen in meinem Umfeld, wenn ich mich angegriffen gefühlt habe. Im Laufe der Zeit habe ich angefangen mich davon zu trennen, weil ich eben ein entspanntes und friedliches Umfeld anstrebe. Sicher bin ich auch immer nochmal manchmal wütend, aber wie ich darüber rede und eben mein Bild der Situation hat sich geändert. Und damit neue Optionen aufgetan.
"Erst muss sich die Sprache ändern, dann das Denken"
Zuletzt habe ich diesen Satz im Buch "Was wird es denn? ein Kind" von Ravna Marin Siever gelesen. Da ging es darum, wie wir die Chancen erhöhen können unsere Kinder geschlechtergerecht und/oder geschlechterneutral erziehen zu können.
Allerdings gibt es deutlich mehr Quellen, welche belegen, dass Sprache unser Denken formt. Und selbst so problematische, weil toxischen Zitate wie "Es gibt keine Probleme, nur dornige Chancen" nutzen genau diese Technik und Überzeugung. Robert Entmanns sozialwissenschaftlicher Begriff des "Framings" zeigt zum Beispiel auch genau darauf, wie die Auswahl dessen was wir erzählen, beeinflusst wie andere (und wir selbst) über uns denken. Denn wenn wir vertrauenswürdig sind, dann glauben uns andere. Auch, wenn wir schlechtes sagen. Zum Beispiel über uns selbst.
Viele Menschen neigen aus (falscher) Bescheidenheit, geringem Selbstwert oder ganz anderen Gründen, zu selbstverletzenden Aussagen. Das Problem dabei: Wenn wir so über uns sprechen, macht es auch etwas damit, wie andere uns sehen. Und eben auch damit, wie wir selbst uns sehen. Es kann eine sich selbsterfüllende Prophezeiung daraus werden. Jetzt wäre der Verdacht ja naheliegend, dass einfach das präzise Gegenteil getan werden müsste: Einfach richtig toll über sich reden, etwas über- statt untertreiben und dann wissen alle, dass ich der Beste bin. Was halt auch nicht beweis- und überprüfbar ist. Und da liegt das Problem: Das wissen wir selbst immer. Denn wenn auch es recht einfach ist zu versuchen andere Menschen zu belügen, ist es wohl unmöglich das bei sich selbst zu tun.
Das Geheimnis kann die Linie dazwischen sein. Anstatt unbedingt Qualitäten benennen zu wollen ("der beste" "der schlechteste" "der tolle Auftritt" "das schöne Bild") können wir uns an der Stärke der Neutralität erfreuen. Die kommt besonders dann auf, wenn wir nicht mehr über unsere Qualität reden und damit versuchen zu beeinflussen wie andere über uns urteilen, sondern in dem wir benennen, was wir tun und was wir denken. Das kann dann entweder bedeuten zu sagen: "Ich habe eine Bild gemalt" oder aber eben zu sagen: "Ich selbst bin mit dem Bild nicht so zufrieden." Eine Aussage als eine Meinung oder ein Erleben zu beschreiben durch "ich denke"/"Ich finde" etc. verschiebt die Wertung von dem Versuche zu definieren was die Qualität ist, und macht eine Meinung daraus. Und ja, das ist besser. Vorallem für den Anfang ist es wert das zu üben. Denn wenn wir erstmal wieder neutral sprechen können, wird es uns leichter fallen uns langsam auch an das Positive zu trauen.
Die Fragestellung warum sich oft erst Sprache ändern muss und warum es sinnvoll ist das zu üben, ist übrigens wie im ersten Absatz angedeutet auch von gesellschaftlicher Bedeutung. Denn wenn wir in einer besseren Welt leben wollen, müssen wir vielleicht nicht erst alles uns alle um uns herum verstehen. Wir müssen nicht entgendern zum Beispiel für uns selbst brauchen oder verstehen. Aber wenn wir es anwenden, wird das Verständnis nachrücken, aber auch eine Praxis im Alltag damit entstehen. Denn wenn wir ehrlich sind, wir wissen auch nicht immer wie alle Bauteile oder Lebensmittel funktionieren und aufgebaut sind, aber wir können sie benennen und verwenden. Die Sprache kommt immer zu erst, weil sie uns erlaubt Dinge zu erfassen. Deshalb dürfen wir sie nicht vergessen, wenn wir uns verändern wollen.
Persönliche Perspektive:
Meine Sprache war langezeit voller militärischer und kämpferischer Begriffe. Das ist darin geendet, dass Menschen um mich herum dachten, dass ich sehr polare Haltungen habe uns sehr drastisch bin. Wut wurde mir auch häufig als Emotion zu geordnet, auch wenn es in mir in Wirklichkeit anders aussah. Aber auch ich habe gemerkt, dass ich wirklich auch zu Polaritäten geneigt habe. So gab es Verräter*innen und Feind*innen in meinem Umfeld, wenn ich mich angegriffen gefühlt habe. Im Laufe der Zeit habe ich angefangen mich davon zu trennen, weil ich eben ein entspanntes und friedliches Umfeld anstrebe. Sicher bin ich auch immer nochmal manchmal wütend, aber wie ich darüber rede und eben mein Bild der Situation hat sich geändert. Und damit neue Optionen aufgetan.
Puh, ja... Wichtig und gut. Gestern noch u.a. tatsächlich ein langes Gespräch über gendergerechte Sprache geführt und warum Sprache das Denken beeinflusst. Ich erzähle das schon seit Jahren und verstehe den Zusammenhang. Aber die aktive Übung ist dann doch noch mal eine andere Herausforderung, die sich lohnt.
AntwortenLöschenAuch selbstentwertende Sprache war gestern Thema und wie sehr es für mich einen Umfeldwechsel brauchte, um das langsam anzugehen. Und diverse Momente, in denen ich die Chance hatte, zu sehen, wie ich mit mir selbst umgehe. Tatsächlich hat es die aktiven Hinweise von außen gebraucht, viele verschiedene Menschen, die das nicht unkommentiert so stehenließen (und lassen) sowie ein paar Menschen, für die ich viel übrig habe, die sich etwas ähnliches antun. Und DAS ist tatsächlich gerade gut für mich, denn dieses direkte Spiegeln war der letzte Schubs, den ich brauchte, um es nicht nur theoretisch zu verstehen, sondern auch wirklich zu fühlen und zu begreifen.
Die Momente, in denen liebe Menschen schlecht über sich reden und denken, tun mir weh. Dort möchte ich dazu beitragen, dass sich dieses Bild ändert und sich die Person so sehen kann, wie ich es tue. Hier kann ich die Mechanismen sehen, die Verletzungen und ich kann fühlen, was es mit mir macht, das so zu sehen oder zu hören, weil es so gar nicht zu dem Bild passt, das ich von der Person habe. Für mich selbst fehlt mir das Gespür komplett und ich bin da über lange Zeit abgestumpft. Daher bin ich froh, gerade zu merken, was in meinem Kopf passiert und dass sich... wirklich langsam und mit kleinen Schritten... mein Bild von mir selbst ändert und ich meine Sprache korrigiere. Ich glaube, ein erster Punkt, den ich verinnerlichen und ändern konnte, war mir abzugewöhnen, dauernd von Dingen zu sprechen, die ich angeblich "muss". Ich MUSS einen Scheiß, aber ich "mag" Dinge tun/sagen/ausprobieren. Allein das nimmt Härte aus meiner Sprache, mir selbst und anderen gegenüber und diese kleine Änderung hat viele weitere angestoßen.
Sowohl bzgl. gendergerechter Sprache, wie auch bei weniger Bewertung/Beurteilung und Selbstverletzung. Es ist wie das Abtrainieren schlechter Gewohnheiten und natürlich geht das nicht von heute auf morgen... Es gibt Momente, in denen es einfacher oder schwerer ist... Geschrieben ist es einfacher (weil man sich mehr Zeit nehmen kann) als gesprochen... Aber aktuell bin ich an einem Punkt, an dem ich es merke und mich korrigiere... Und irgendwann, mit weiterer Übung, wird die Korrektur schon im Kopf passieren... Und noch weiter in der Zukunft, wird es sie vielleicht gar nicht mehr (oft) brauchen, weil es wirklich angekommen und zur Haltung geworden ist. Ich hab es ja für gewöhnlich mit allem sehr eilig, aber hier ist es gut und wichtig, dass es langsam passiert, aber dafür nachhaltig.
Danke, dass du ein Teil dieses Prozesses bist und nicht müde wirst, Dinge zu wiederholen, von denen ich immer mal wieder denke, damit sei ich schon fertig, weil ich sie ja "verstanden" habe. ;)