Sich überleben - Gefühle fühlen

 Die letzten Tage geht es mir nicht so toll. An den Dingen die ich mir für mich vorgenommen habe möchte ich aber festhalten. Denn Rituale sind gut für mich, Selbstwirksamkeit ist gut für mich und die Arbeit/die Texte/die Kunst machen zu können, das ist der Lohn. Also sollte ich auch bei schlechter Lage die Sachen machen, die mir gut tun.

Weil aber Leben sich ganz schön steinig anfühlen kann und mir Leute manchmal bescheinigen, dass meine Hoffnung und mein Durchhaltevermögen ganz schön stark wären, was ich in Teilen anders fühle, aber verstehe wie sie zu dem Ergebnis kommen, habe ich beschlossen, in Sätzen die deutlich kürzer sind als dieser hier, zu erzählen welche Denkweisen mir helfen (können) meinen Scheiß, meine schwierigen Gedanken oder wenn das Leben schwer ist, durchzustehen.

Der wichtige Disclaimer wie immer: Wenn ihr großen Leidensdruck empfindet, werden meine kleinen Gedanken hier das nicht beheben können. Je nachdem was da in euch vorgeht, könntet ihr eher Unterstützung von Therapeut*innen brauchen. Scheut euch nicht, Therapie kann ein guter wichtiger Ort sein. 

"Gefühle sind Gefühle sind Gefühle" 
Treffen sich vier Impulse in meiner geistigen Bar. Der eine ist ein Video von Jean-Phillippe Kindler in dem er über die Aussage "Gefühle sind valide" sich kritisch äußert und darauf verweist, dass Gefühle eben keine Fakten sind. 
Der nächste ist ein Artikel in der Psychologie heute, wo beschrieben wird es zu Gefühlen geforscht wird und das es Pseudogefühle gibt. Diese sind keine echten Gefühle, sondern wir benutzen ein Bild um nicht das echte Gefühl haben zu müssen. "Ich fühle mich wie erschlagen." schiebt die Emotion in den Intellekt, wo wir eben denken und nicht fühlen. 
Der dritte ist ein Erklärung meiner Therapeutin, dass es nicht mehr üblich ist bei Träumen auf die Inhalte zu gucken, sondern auf das Gefühl vor und nach dem Traum. Denn die Resterampe unseres Gedächtnisses sucht im Schlaf wohl nach Ideen und Fetzen die sich mit dem vorherrschenden Gefühl verbinden lassen. Der Traum bedeutet nichts, das Gefühl dahinter kann aber einen Grund haben. 
Der vierte Impuls ist ein Interview mit Jim Carrey in dem er sagt, dass wir Menschen die Gefühle wieder in den Momenten fühlen müssen, wo wir sie haben, weil sie uns sonst, wenn wir sie nicht erfüllen, später ertränken.

Wenn ich ehrlich bin, hätte ich noch mehr Impulse dazu. Während ich das schreibe fallen mir noch mehr ein. Als intellektverliebte Kultur, neigen wir dazu alles erklären und beweisen wollen zu können. Die Forschung über Gefühle sagt: So läuft das nicht. Wir können auch ohne Grund etwas fühlen. Aber sich dann nicht davon abzulenken, weil es unangenehm ist, erlaubt uns es abgeben zu können. Da unsere Kultur aber auch voller Ablenkung und sozialem Druck ist, versuchen wir gerne und oft Gefühle zu begrenzen oder nicht fühlen zu müssen, weil es gerade nicht passt. Das ist den Gefühlen recht egal. Können sie nicht raus, gehen sie halt wieder irgendwo rein und richten im schlimmsten Fall dann Schaden an. 

Ich sage mir und anderen inzwischen laut: "Ich muss das jetzt eben fühlen." Und dann bin ich traurig und dann kann es aber kurz darauf wieder weitergehen. Was ich merke: Die Intensität aller Gefühle wird wieder besser. Es ist für mich vergleichbar mit der Empfehlung alles sehr oft zu kauen, damit mensch wieder wirklich schmeckt. Denn wo sonst oberflächliche Geschmäcker manchen Inhaltsstoff verbergen, kommt beim langen Kauen alles deutlich durch. Wenn ich meine Gefühle zu lasse, fange ich an meine Inhaltsstoffe zu verstehen. 

Tatsächlich gibt es Übungen zum deutlichen Fühlen, die alle nah an Awareness und Bewusstsein sind. Bei Interesse kann ich davon mal welche im Blog vorstellen? 

Gefühle sind übrigens, ganz wichtig, keine Fakten. Gefühle sind Gefühle. Nichts anderes. Ja, sie können Hinweise geben und Einfluss haben, aber sie sind nicht logisch. Es kann Häufungen in Situationen geben, aber trotzdem sind sie eben erstmal individuelles Erleben der Welt und Umwelt. 

Mir hat übrigens eine Recherche zu Gefühlen auf Wikipedia auch nochmal geholfen Gefühle zu verstehen und erkennen zu können. Denn auch das kann wichtig sein. Viele Menschen lernen im Rahmen von Therapie Gefühle bei anderen und sich richtig zu benennen, anhand von Listen und Hilfsmitteln. Etwas wieder zu schulen, auch die Wahrnehmung von Gefühlen, ist keine Schande. 

Kommentare

  1. Anonym16.7.23

    Puh... Ja. Gefühle fühlen, benennen und aushalten ist für mich ne große Herausforderung, sobald es schwer wird. Sowohl bei mir selbst als auch in Bezug auf andere. Auch das wird besser, bleibt aber eine Aufgabe, für die ich mich aktiv entscheiden und der ich mich bewusst widmen muss. Übungen dazu also auf jeden Fall gern teilen. :)

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    1. Anonym16.7.23

      Ist notiert und ich fange an zu sammeln.

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    2. Anonym16.7.23

      Das klingt nach harter Arbeit. Aber ich bin gespannt. :)

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