Inventur

Es geht stabil auf das Ende des Jahres zu und alle bereiten schon ihre Toplisten und Jahresrückblicke vor. Wir versuchen aufzuzählen was Highlights waren, was Lowlights und dampfen so einige Momente ein, die vielleicht auch für uns relevant waren, aber nicht sind, wo wir gerne drauf zeigen. Oder aber weil wir uns dem Format beugen, welches irgendwelche Orte hergeben. Jahresabschlüsse und Abschlüsse von Phasen sind für Menschen wichtig. Wir haben in allen Kulturen Feiertage welche bestimmte Jahreszeiten und deren Anfang oder Ende feiern. Solche Feste sind ein guter Anlass abzulegen und sich zu erneuern. Geburtstage, Silvester. All so was.

In der Geschäftswelt gibt es die Inventur. Da wird geprüft, was alles an Material und Ressourcen da ist. Darüber hinaus wird geschaut, ob der Verbrauch, der Einsatz der Mittel und die Ziele noch zusammen passen. Und oft wird auch gesammelt, wo Verschleiß passiert ist und wo der Betrieb etwas erneuern muss. Auch für uns als Künstler*innen, die wir ja leider in gewisserweise auch Teil der Geschäftswelt sind wenn wir damit Geld verdienen, aber auch weil wir Materialien kaufen müssen und Ausgaben haben, können und sollten immer mal wieder Inventur machen. Auch um uns selbst sichtbar zu machen, wo wir mit unseren Aktivitäten stehen. "Ein*e Autor*in der*die nichts schreibt, ist keine Autor*in" fliegt als Zitat durch mein Gedächtnis. Inventur erlaubt uns zu schauen, ob wir noch in die richtige Richtung laufen. Und ob wir überhaupt noch laufen.

Eine gute Art Inventur zu halten und kleine Erneuerungen zu schaffen hat der - in zu Recht in Ungnade gefallene - Finn Kliemann mal vorgestellt. Der "Mach-deine-Scheiße-Tag". Dabei hat er einen Tag im Jahr ausgewählt an dem sich um all diese kleinen Projekte im Haushalt gekümmert wird, die das restliche Jahr liegen bleiben, weil mensch keinen Bock drauf hat. Dann wurden zum Beispiel die kaputten Glühbirnen ausgetauscht oder die eine Stelle die in der Dusche leckt erneuert. Solche kleinen Baustellen haben wir aber auch als Künstler*innen. So können wir uns fragen, ob unser Pressetext eigentlich wirklich noch aktuell ist und uns vertritt, sowieso: Ist unser Presseordner noch aktuell genug? Sehe ich seh noch aus wie auf den Fotos die ich rausschicke? Braucht es da mal was neues? Sind die Termine auf meiner Homepage noch all up-to-date? Habe ich noch alle Materialien da die ich brauche um neue Projekte anzufangen? Gab es nicht ein paar Bücher die ich verliehen hatte, aber eigentlich gerne zurück hätte?

Vielleicht braucht es einen "Mach-deine-Scheiße-Tag" auch für dich und deine Kunstzeit. Und vielleicht nicht nur ein mal im Jahr. Die Psychologin und Beraterin von Künstler*innen, Beth Pickens empfiehlt einen "Self-Inventory-Day" ein Mal im Monat zu haben. An diesem Tag werden alle Aktivitäten so angelegt, dass sie der Inventur, aber auch der Inventur des Selbst dienen. Das bedeutet dass wir nicht nur auf die Faktoren schauen die unser Arbeiten effektiv machen, sondern uns auch Selbst-Pflege und -Fürsorge erlauben. Also darf an dem Tag zum Beispiel auch unser Besuch im Museum sein, eine Massageanwendung oder was uns sonst mit uns Selbst voran bringt.

Ich mag aber auch mit Ehrlichkeit hier einsteigen: So ein monatlichen Tag zu etablieren braucht Übung. Als ich davon gelesen hatte, fand ich es genial, habe den 14ten jeden Monats - haha, heute - als den Termin dafür ausgewählt und auch motiviert in alle Kalender, auch den der WG in der ich lebe eingetragen. Inzwischen fragt niemand mehr was der SID ist, weil ich ihn nicht mache. Denn mein Leben und Termine kommen damit nicht aus an nur einem Tag am Monat Inventur zu halten. Ganz aufgegeben habe ich es aber nicht. In einem anderen Tool das ich verwende, meine "Done-List", ist "Self Inventory" eine eigene Kategorie geworden. So plane ich mir am Anfang der Woche ein, wie oft in der Woche ich es schaffen möchte und halte nach wann es geklappt hat, wann es gut war, wann es schlecht für mich war. Tools sollten keine Regeln sein, sondern anpassbare Methoden sich selbst zu unterstützen.

Wie haltet ihr Inventur? Welche Sachen schaut ihr euch da bei euch an?

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