Ruhmbonus

"Ich habe meine Meinung, du hast deine Deinung" habe ich in einem Text geschrieben und kam mir besonders clever vor. Ich habe es Freund*innen gezeigt die entweder aus Gründen der Freundschaft oder Dummheit sehr gut fanden. Ein Weilchen später höre ich Musik von dem Rapper Dendemann. Darin kommt der selbe Wortwitz vor, anders verarbeitet. 

Ich habe mich kurz etwas bestohlen gefühlt, wusste da aber noch nichts über Schöpfungshöhe, die Möglichkeit von Synchronizität* oder eben das ein bestimmter Zeitgeist manchmal zu ähnlichen Ergebnissen in der Kunst führt. Da mir aber trotzdem klar war, dass der deutlich berühmtere Dendemann nicht bei mir geklaut haben wird, habe ich mich recht schnell wieder beruhigt. Bis die selben Leute denen ich mein Werk weit vor Dendemanns Stück gezeigt hatte gesagt haben, dass ich das von ihm geklaut hätte. Jetzt habe ich mich dich bestohlen gefühlt. Allerdings um die Fertigkeit selbst eine Idee zu haben. 

Auch in andren Bereichen konnte ich sowas beobachten. Sein es Erfindungen die falsch zu geordnet wurden, weil eine andere Person berühmter war oder bestimmte Songs deren Original weniger relevant ist als ein Cover, weil die covernde Person bekannter ist, beliebter ist oder mehr Einfluss hat. In Teilen funktioniert auch kulturelle Aneignung manchmal so. Da wird dann vergessen wo etwas herkommt, weil jemand anderes es lauter und auffälliger verwendet. 

In einigen Szenen und Situationen kommt es auch dazu, dass jemand über eine Idee redet und es dann plötzlich bei jemand anderem im Werk auftaucht. Das passiert nicht mal mit Böswilligkeit, sondern weil unser Gedächtnis zwar schlecht ist, weil wir nicht mehr sicher wissen wann wir was gehört haben, aber gut ist und sich an die Idee erinnert, aber schlecht ist und es uns als eigene verkauft. Wenn dann die andere Person aber berühmter ist und mehr Einfluss hat als mensch selbst, kann es knifflig werden zu argumentieren, dass es "geklaut" wurde. 

Ruf, Einfluss und Berühmtheit erschaffen Vorurteile und Vorteile. Promis kriegen Sachen geschenkt, die sie sich eigentlich selbst leisten können, weil die Firmen wollen, dass deren Zeug sichtbar ist. Wir widersprechen berühmten Menschen weniger, weil wir ihre Gunst nicht verlieren wollen. 

Was einen Verlust der Gunst ausmachen würde, hängt natürlich von der Person ab, mit der wir zu tun haben. Denn manchen ist es sehr wichtig darauf hingewiesen zu werden, wenn sie sich etwas angeeignet haben und sie sind auch gewillt zu sagen, wenn sie eine Idee übernommen haben und von wem. Im besten Fall fragen sie um Erlaubnis. Den Ruhmbonus haben sie trotzdem, aber mit gutem Bewusstsein. 

Der Ruhmbonus kann jede*n mal Treffen, auch in beiden Rollen. Auch euch könnte größere Milde bei Fehlern entgegen kommen, nur weil ihr euch einen Namen gemacht habt. Oder aber jemand anderes macht etwas wie ihr und hat damit mehr "Erfolg", weil diese Person bekannter, beliebter, berühmter ist. Nehmt dann Abstand ein und schaut, wie ihr sein wollt. Und die richtige Antwort ist vielleicht nicht "Selbst berühmt". 

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