Monokulturen

In den letzten Tagen habe ich mit verschiedenen Menschen über Kunstpreise und Ausschreibungen gesprochen. Miedya Mahmod, ein fantastischer Mensch, den ich befreundet und mitbewohnend im selben Haushalt nennen darf, ist jetzt gerade beim Ingeborg-Bachmann-Preis in Klagenfurt und wird -gefühlt- ums Leben lesen. Gleichzeitig läuft morgen Abend die Frist für den angesehenden und spannenden Wortmeldungen-Preis aus. Zeitgleich sind da draußen noch zig andere Stipendien und Preise und Chancen ausgeschrieben. Und überraschend wenige nehmen sie wahr.

Denn wenn ich z.B. in der Slamszene mit Auftretenden spreche, egal ob alt, neu, Berufskünstler*in oder nicht, überraschend wenige sagen, dass sie bei so etwas mitmachen. Ein kleiner Anteil. Ein großer Anteil sagt aber, dass sie gerne mal ein Buch veröffentlichen würden, mal was gewinnen wollen würden, mal die großen Chancen bekommen wollen. In meinem Gefühl - und das sage ich als jemand der dort auch viel zu selten mitmacht und einreicht - ist das in solchen Wettbewerben und Ausschreibungen fast schon leichter, als bei einem Poetry Slam. Denn während beim Slam immer Text und Performance und Stimmung und Publikum und Zeitgeist und so einiges mehr zusammen passen müssen, damit es klappt, geht es bei den Ausschreibungen erfreulich oft darum einfach nur einen Text einzureichen.

Klar, mensch möchte dann auch was "gutes" schreiben, aber ich lerne gerade, dass es auch ein erster kleinerer wichtiger Schritt sein kann, anzufangen sich uberhaupt zu bewerben und das zu üben, wenn auch der Text gar nicht so stark ist, nicht unser Liebling, noch Luft nach oben hat. Viele Ausschreibungen sind jedes Jahr. Manche Stellen, wie zum Beispiel Stadtschreiber*innen nicht unbedingt, aber wenn erstmal der Mut gesammelt ist etwas wegzuschicken, dann kann als nächstes die Qualität in Angriff genommen werden. Weil die beste Qualität nutzt eben nichts, wenn nicht abgeschickt wird.

Ich finde Meisterschaft ganz toll. Wenn jemand einen einzelnen Skill bis zur höchsten und immer weiter steigenden Stufe einübt, verbessert, erforscht. Ich bin aber kein Fan von Monokulturen. Denn gerade in der Kunst haben manche Szenen und Bereiche Glassdecken und Sackgassen. Da ist dann die Szene noch nicht so weit gewachsen, dass mensch noch selbst weiter in ihr wachsen kann. Wenn deine Musikrichtung/Band gerade nur maximal in Kellerclubs spielt, ist nicht wahrscheinlich dass du im selben Jahr auch bei einem großen Festival das Ganze als Headliner sehen wirst. Aber es gibt eben andere Wege, als nur den gewohnten, um etwas voran zu bringen, seinem eigenen Entwicklungsbaum mehr Geäst hinzuzufügen. So kenne ich Spoken Word Artists, die eben auch schon Theaterstücke geschrieben haben, Journalismus machen, Podcasts aufnehmen und besonders eben ihren Ruf, ihren Trophäenschrank und ihre Sammlung mit diversen unterschiedlich großen Preisen und Teilnahmen daran auffüllen. Die Beständigkeit bringt dabei auch viel zum eigenen Ruf und der Reputation, mensch kommt mit Menschen in anderen Teilen der eigenen Kunstform in Kontakt. Neue Türen gehen auf, wenn wir uns trauen in mehr als eine einzige Richtung zu schauen.


Kommentare

Vielleicht auch spannend: