Systeme

Mit großem Interesse lese ich gerade ein Buch übers Spielen, Regeln, über Systeme und Design. Es bezieht sich auf alle Arten von Spielen, seien es Brett-, Rollen-, Video-Spiele oder noch ganz andere Formen. Sogar das "Spiel" was als Begriff verwendet wird, wenn Bauteil noch etwas Luft haben und beweglich bleiben, statt ganz starr zu sein, wird als Begriff bearbeitet.

Als jemand der versucht aktiv ganzheitlich zu denken, hat mir der Abschnitt über Systeme sehr gut gefallen. Vorne ran eine gute Erklärung, was Systeme eigentlich zusammen hält. Weil ich auch in dem was wir tun - egal ob als Künstler*innen oder private Personen - immer auch Teil von Systemen sind und auch Systeme nutzen, ist das ein wichtiger Aspekt den wir betrachten dürfen. Denn wir zahlen Steuern, nutzen den ÖPNV, machen Jobs für andere um Geld zu erwerben damit andere für uns Jobs machen und so weiter. Aber wir sind auch Teil eines Kunstmarktes, der Landschaft von möglichen zu fördernden Projekten, wollen in Gallerien, auf Bühnen, wollen Möglichkeiten in Wettbewerben, Ausschreibungen, brauchen Geld für unser Material und die Miete und so vieles mehr. Wenn wir auf alles gleichzeitig schauen wollen, ist es wie der Versuch in einem 360 Grad-Winkel um uns zu schauen. Es ist überfordernd und zu viel.

Eric Zimmermann, der Autor von "The Rules we break", besagtem Buch, bietet drei Aspekte von Systemen an, die wir uns anschauen können und die sie seiner Meinung nach ausmachen. Diese drei Aspekte können wir in jedem System finden, oder wir wissen das unser System noch nicht so weit ist, wenn eines davon fehlt.

Elemente
Ein System besteht aus Dingen. Aktuell ist eine Fussballturnier und wenn wir das als Beispiel nehmen, dann sind die Elemente die Mannschaften, die Spielstätten, die Fans, die Veranstalter. Diese jeweiligen Elemente bestehen selbst auch aus anderen kleineren Elementen, die wiederum anders organisiert sind. So ist eine Mannschaft aus Personen zusammen gesetzt, welche verschiedene Rollen haben, wie Torwärt*in, Verteidigung, Mittelfeld, Stürmer*innen, Trainer*innen, Busfahrer*innen, Ärzt*in und viele mehr. Die Elemente von Systemen zu erkennen ist einerseits leicht, andererseits wird es interessant, wenn wir versuchen alle zu finden. Dass nämlich zum Beispiel jemand die Mannschaft zur Spielstätte fahren muss und das auch irgendwie zu diesem System "Mannschaft" gehört, das braucht bei mir einen Moment Bedenkzeit.

Interaktionen
Die Elemente sind nicht starr, sondern sind Subjekt und/oder Objekte, sie können Dinge tun, sie wirken aufeinander in unterschiedlicherweise und verändern sich damit immer wieder gegenseitig. Dabei sind einige Elemente mehr oder weniger miteinander verbunden oder wirken aber auch zu verschiedenen Momenten aufeinander. Der Gepäckträger eines Fahrrades ist für die Funktion des Fahrens erstmal nicht notwendig, aber wenn wir darauf dann etwas mitnehmen, hat das sehr direkt Einfluss auf das restliche System. Sich zu Fragen wie bestimmte Elemente aufeinander wirken und sich beeinflussen, kann eine gute Aufgabe und Übung sein, besonders sie auf dem Papier zu machen. Zum einen werden dadurch Wege sichtbar die bestimmte Elemente zwischeneinander entwickeln, zum anderen hilft es aber auch um bestimmte Rollen, die vorher verborgen waren sichtbar zu machen. Darüberhinaus wird auch sichtbar welche Elemente eher essentiell sind und welche eher optional. Denn genau wie ich einen Gepräckträger weglassen kann und immer noch ein funktionales System "Fahrrad" haben kann, so kann ich die Social Media Person eines Sportteams weglassen und sie können trotzdem den nächsten Spieltag begehen.

Zweck und/oder Sinn
Elemente handeln aus Gründen. Sie haben Ziele, Motivationen, Aufgaben, Pflichten. Der Sinn einer Person die arbeiten geht ist dabei aber nicht zwingend die Arbeit, sondern das Geld zu verdienen, um damit dann einem eigentlichen anderen Sinn im Leben zu folgen. Sinn ist auch nicht allen Bauteilen und Systemen automatisch mitgegeben, aber wir können Systemen einen Sinn und einen Zweck geben. Wenn wir die verschiedenen Ebenen von Systemen anschauen, kann sich dieser auch verändern, aber auch miteinander in Interaktion stehen. So ist es Zweck des Trafos am Fahrrad Elektrizität zu erzeugen, um im System Fahrrad damit Licht zu erzeugen, was in einem höheren System "Straßenverkehr" die Sicherheit gewährleisten soll, in einem anderen System "Gesetz" aber auch eine Pflicht ist und damit jemanden vor Strafe schützt. Die Zwecke der Elemente und System zu kennen erlaubt es uns auch zu prüfen, ob etwas vielleicht nocht mehr oder etwas anderes leisten kann, oder auch zu schauen, ob die Interaktionen zum Zweck passen.

Mit dieser Basis lässt sich schon sehr viel Arbeit und Analyse betreiben. Sei es der Blick auf unser System "Arbeitsplatz" oder wie wir uns in unserer jeweiligen Kunstszene sehen. Und auch, wie wir uns sehen wollen. Denn wenn wir erkennen, dass uns Optionen zum Handeln fehlen, oder wir mit bestimmten Elementen des Systems nicht in Verbindung stehen, wo es unser Zweck aber rechtfertigen würde, dann erkennen wir, wo wir etwas verändern müssen. Es kann sich auch offenbaren, ob unser System für das was es leisten soll zu kompliziert ist. Und daran angeschlossen die Frage, was ich am Design des Systems ändern könnte, damit es klarer wird. Damit ich mehr Menschen beteiligen kann und die Barrieren abbauen kann. Wie kann die einfachste Version meines Systems aussehen?

Welche Elemente erkennt ihr in euren Systemen in denen ihr euch bewegt? Wie würdet ihr das System beschreiben, in dem ihr euch befindet?

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