Eine mögliche Kunstveranstaltung in einer möglichen Zukunft
Zwischen den anderen im Halbdunkeln, mit einem sanften Streifen am Arm vorbei, damit die anderen wissen, dass sie jemand passiert. In Vertrauen wissen alle gut genug was zu tun ist. Gleich startet die Musik und dann wird über jede Realität die Persönlichkeit gefeiert. Es wird Applaus geben, überzogene Gesten, vielleicht steigt jemand auf die Kante eines Stuhls und fordert das Publikum zum Jubeln auf. Und wenn das eröffnende Ritual vorbei ist, dann wird ein paar Minuten so getan, als wäre das alles ein Wettbewerb, auch wenn es alle besser wissen. Selbst das Publikum weiß, dass die Beiden die da stehen trotzdem nacher ein Bierchen zusammen trinken könnten. Oder sich eine Portion Pommes teilen.
Mit einem Ohr auf die Monitorbox, einen Auge durch den Vorhang auf die Bühne beobachten alle, was passiert. Es gibt diesen wichtigen Moment, das Markerwort und dann muss blitzartig die Überraschung auf die Bühne rennen. Alles wird anders, als das Publikum es erwartet hatte, es gibt einen Bonus oben drauf auf all das, was im Flyer angekündigt war. Die Zeit in den Abend zu investieren hat sich noch mehr gelohnt als eh schon, denn jetzt kann mensch nachher sagen: "Hättest du dabei sein müssen.", weil wer nicht da ist eben verpasst was da los ist.
Die Stelle. Die Überraschung. Das Publikum reagiert, sie haben sofort erkannt wer da raus kommt, die Geschichte entwickelt sich schon seit Wochen, die Namen der Figuren sind bekannt. Jetzt ist da plötzlich noch mehr Gewicht auf der gezeigten Kunst, noch mehr Momentum drin, das Publikum kann sich nicht entscheiden, denn alle haben verdient Favorit*innen zu sein, alle haben einen plausiblen Grund da zu sein, die Spannung spitzt sich in diesem einen Moment zu und dann
Als die Show vorbei ist, umarmen sich die die wollen, andere geben sich High Fives und Fistbumps. Die Fans die das Spiel lieben und verstehen, spielen es nach der Show noch weiter mit, sagen: "Ich hätte dich gewinnen sehen wollen.", aber lächeln auf die Art, dass alle wissen, dass niemand gewonnen hat außer die Kunst an diesem Abend. Die Stastiken und Narrative werden abgeschlossen und eingefroren. Bis zum nächsten Mal. Jetzt feiern wir einen Moment, ziehen Konfettireste aus den Locken. Sitzen zusammen, fangen an rumzuspinnen, mit der magischen Frage: "Was würden wir tun wenn uneingeschränkt alles möglich wäre?" und reden über Schiffe und Feuerwerk und Seilzüge und Autos auf der Bühne. Und dann werden daraus plötzlich praktische Effekte. Was wenn das Schiff als Schatten an die Wand geworfen wird? Was wenn das Auto nicht auf die Bühne muss, sondern das Publikum auf den Parkplatz? Wie können wir das hier weitererzählen, dass möglichst viele Menschen und ihre Kunst gleichzeitig erhöht werden können? Wie schaffen wir mehr Sichtbarkeit? Wer fehlt aktuell noch auf der Bühne? Was sollte das Publikum dringend sehen?
Und dann gehen wir nach haus, voller Geister, voller Ideen, voller Schwung und trotz geteilter Pommes immer noch hungrig, denn die Kunst ist nie fertig, die Geschichten nie zu Ende erzählt. Und wir müssen sie erzählen.
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