Tools: Der Schrottplatz

Lynda Barry, so sagt es eine Dokumentation über ihre Arbeit als Dozentin, aber so deutet es auch ihr Buch "What it is" an, ist ein Fan von Schrottplätzen. So sehr, dass Sie es wohl manchmal zur Aufgabe macht nur mit dem Material von dort zu arbeiten. Es geht hier aber um künstlerische Schrottplätze, nicht (zwingend) reale Schrottplätze.

Der Schrottplatz ist ein Tool, das der eigenen Arbeit mehrfachen Wert geben soll. Gerade im digitalen Zeitalter neigen wir dazu einen Fehler oder eine Sache gegen die wir uns entscheiden einfach zu löschen. Da ist ein Satz, ein Gedanke, eine Skizze, eine Sache die uns nicht so ganz überzeugt obwohl wir sie beim Erstellen ganz gut fanden. Es wäre ein leichtes die "rückgängig" Taste zu drücken, alles ist wieder weg. Im analogen Arbeiten ist das nicht ganz so einfach. Natürlich können wir Sachen streichen oder radieren, aber oft hinterlässt das Spuren oder ist sogar immer noch erkennbar. Allerdings können wir auch anders damit umgehen.

Bei Lynda Barry in der Werkstatt für Zeichner*innen ist es verboten irgendwas in den Müll zu werfen. Alle verworfenen Skizzen werden ausgeschnitten und/oder aufbewahrt und kommen in eine Schublade. Auch Reste von anderem Material, Fotos, Referenzen, landen dort. Weil sie später nochmal zum Einsatz kommen können. Zum Beispiel wenn wir nämlich nicht wissen, was wir als nächstes machen sollen. Oder uns gerade frisch die Ideen ausgehen. Dann geht der Griff in den "Schrottplatz", eine Kiste oder Schublade oder Mappe.

Für Autor*innen, die dann doch oft am Computer arbeiten, gibt es diese Möglichkeit auch. In dem wir eine Datei anlegen, die unser Schrottplatz wird. Dort packen wir jeden Satz, Absatz, Notiz und Gedanken hin, die wir gerade nicht weiter verwerten oder verfolgen können. Kreative Arbeit die wir gemacht haben, aber an der Stelle und in dem Kontext nicht funktionieren, wo wir sie eingesetzt hatten. Deshalb ist es auch ein Schrottplatz und keine Müllhalde. Auf der Müllhalde landen im Kern Sachen die wir nicht mehr gebrauchen können. Auf dem Schrottplatz landen Sachen die vielleicht auch nicht mehr funktionieren, aber wenn mensch sie auseinander nimmt oder die richtigen Teile einsetzt und sich etwas Zeit nimmt wieder gehen können. Manches dort ist in dem einen Moment Schrott und in anderen ein Schatz.

Menschen die mit Video arbeiten kennen diesen Ort sehr gut. Denn im Filmen ist es sehr üblich, dass viel mehr gefilmt wird, als am Ende nach dem Schnitt verwendet wird. Aber manchmal kann das verbleibende Material noch anders verwendet werden oder taucht in späteren "Director's Cuts" wieder auf und verändert noch mal ein wenig das bekannte Material. Aufbewahrt wird meist trotzdem alles. Und davon können wir anderen lernen.

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