Die Sache mit dem Schuh
Das Kind hat vor kurzem einen Schuh verloren. Oder ich. Das wissen wir nicht sicher, denn wir haben es ja erst bemerkt, als er weg war. Wir dachten er wäre woanders als er dann war. Und dann war er weg. Und weil es uns irgendwie wichtig war ihn doch wieder zu finden - Kinderschuhe sind auch gar nicht mal so günstig - war ich dann alle Wege von dem Tag ablaufen. Mehrere Stunden draußen unterwegs, mich überraschenderweise geärgert, dass der ganze Stadtteil so viele Grünflächen überall an den Wegen hat, denn die grünen Schuhe findet mensch da ja gar nicht wieder. Und ich habe sie nicht wieder gefunden.
Vor kurzem habe ich auf einer Social Media Platform eine Frage zu Spiritualität gestellt. Dann habe ich sie wieder gelöscht. Wenn irgendwo Spiritualität steht, dann kommen die Leute direkt mit ihrem Horospkop und Tarot-Karten und Energiepyramiden. Das verfehlt für mich leider den Punkt. Das ist nicht was ich meine, wenn ich Spiritualität sage. Aber ich konnte auch nicht gut erklären was ich meine, wenn ich es sage. Eine Art es zu erklären ist für mich, die Klarheit, dass wir nicht alles erklären können. Und das es eben Fakt ist, dass nicht immer alles in Fakten zu erklären ist. Spiritualität zum Beispiel widerspricht in meinen Augen Wissenschaft überhaupt nicht. Denn die Ahnung in welche Richtung jemand forschen möchte, die Vorstellung in sich zu finden, dass ein bestimmtes Experiment ein neues Ergebnis bringen könnte, das fängt ja auch in einem Glauben an. Der Glauben daran, dass es möglich sein muss, ein Heilmittel zu finden für diese schlimme Krankheit, auch wenn es bisher nicht gelungen ist. Faktsich spricht also nichts dafür, außer, dass wir Menschen schon mal Sachen erfunden haben. Aber da ist eine Glaube und eine Idee. Und das empfinde ich als Spiritualität.
Viele schlaue Menschen sagen, dass es reicht dafür offen sein, dass welche höhere Macht oder Energie, und das kann ja auch der Zufall sein, einem schon etwas anbieten wird. Und das stimmt ja auch, denn wir Menschen haben ja eben auch Ideen und wissen da auch vorher nicht wo sie herkommen, wir können sie nicht wirklich erzwingen, nur begünstigen. Das ist die Offenheit.
Mit dieser freigeschalteten Offenheit als Wert versuche ich durch die Welt zu gehen. Und dann finde ich manchmal Inspiration. Und auch wenn faktisch nichts dafür gesprochen hat, finde ich dann auch einen solchen Schuh wieder. Und sicher, das war nicht eine höhere Macht vielleicht, sondern eine Nachbar in der Umgebung der beschlossen hat den Schuh als er/sie/they ihn gefunden hat auf einen Stromkasten zu stellen. Eine solche Verkettung von Zufällen hat aber eben auch was mit Glauben zu tun. Ich schaue noch nach dem Schuh, weil ich daran glaube, dass er doch noch auftauchen könnte. Aber jemand anderes hat den Schuh dort hin gestellt, weil diese Person - aus mir mystischen Gründen - vielleicht daran geglaubt hat, dass er wieder zurück zu den Besitzenden kommen kann.
Der Schuh ist jetzt wieder da. Und genau so unwahrscheinlich ich das fand, so halte ich mir die Offenheit zum Beispiel in meiner Kunst offen. Da weiß ich manchmal faktisch vorher auch nicht was passiert, was ich genau schreiben will, ich weiß vorher nicht, wer das (unbedingt) lesen muss. Aber irgendwie kommen immer wieder Leute die daran glauben, dass sie etwas finden könnten in einem Artikel und mein Glauben, dass ich etwas sagen könnte, was jemandem hilft immer wieder zusammen. Und das braucht dann keine massive hohe Macht, aber eben eine Zahl von Zufällen und Offenheiten die so zusammen kommen, dass es passt.
Was bedeutet das jetzt für Kunst? Manchmal müssen wir uns auch ohne feste Idee an den Schreibtisch setzen und daran glauben, dass etwas zu uns kommen wird. Manchmal müssen wir unsere Kunst veröffentlichen, und daran glauben, dass sie schon jemanden finden wird, der damit in Kontakt treten mag. Es ist schwer die Kunst von der Spiritualität zu trennen. Ich glaube, haha, das sie zusammen gehören. Auf eine überraschend geerdete faktische Art und Weise.
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