Kuleshov Effekt
Lev Kuleshov war ein Filmemacher. Beim Film lebt ein großer Teil der Kunst über den Schnitt. So lassen sich Geschichten erzählen, Zeitabschnitte deutlich machen, der Schnitt in sich gilt als eigene Kunst innerhalb der Kunst. Denn natürlich ist auch die Art zu Filmen wichtig, das Licht am Set, das Schauspiel. Aber Kuleshov hat herausgefunden, dass sich Publikum manipulieren lässt im Schnitt, mit Hilfe der Auswahl von Szenen.
Um seinen Punkt zu beweisen, hat eine ein darstellende Person einen sehr neutralen Gesichtsausdruck machen lassen und das gefilmt. In diesen Film des neutralen Blicks hat der dann verschiedene andere Szenen geschnitten. Eine die ebenfalls neutral zu lesen wäre, eine die traurig gelesen werden könnte und eine bei der eine Person sich attraktiv bewegt. Obwohl das verwendete Material immer gleich war, hat Publikum den Ausdruck des Darstellers immer unterschiedlich gedeutet.
Da das Material alt ist, ist es schwer zu sagen, wie intensiv der Effekt für einen selbst beim Anschauen auftritt.Auch, weil das Lesen von Emotionen aus Gesichtszügen sehr unterschiedlich stark sein kann, besonders aber eben mit altem, wackligen Filmmaterial.
Im Internet gibt es auch ein paar eifrige Stimmen, die diesen Effekt widerlegen wollen oder widerlegt haben wollen mit Beispielen aus anderen Filmen. In diese Diskussion werde ich nicht voll einsteigen, weil erstmal der Effekt als solcher für uns auch in anderen Kunstformen interessant sein kann, bzw. der Kern der Montage-Technik eben auch für uns spannend sein kann.
Denn zwischen welchen Sätzen ich einen meiner liebsten Sätze in einem Text einbette, das kann schon einen Einfluss auf die Wirkung haben. Mit einem einzelnen Satz vor einem anderen kann ich die gesamte Bedeutung des Sinnes verändern. Und auch in anderen Kunstformen tritt das ein. Welche Bilder in der Galerie zusammen hängen, welche Lieder auf einem Album aufeinander folgen, das kann von wichtiger Bedeutung dafür sein, wie wir die Kunst aufnehmen.
Um ein Gefühl dafür zu bekommen, wie manche werke ihre oder eine andere Wirkung entfalten können, kann es also sinnvoll sein, etwas herum zu spielen. Zu schauen was passiert, wenn wir die Kontexte und die montierten Teile verändern.
Für mich und mein Schreiben ist das sehr interessant, da ich gerne in Texte, vorallem Bühnenstücken, Wiederholungen verwende und dabei aber versuche den wiederholten Satz interessant zu halten. So kann ich ihm unterschiedliche Bedeutungsebenen geben, dabei aber ihn immer wieder als Orientierungspunkt verwenden. Und dann beginnt das Spiel: Wie oft kann ich im selben Text, in der selben Geschichte, im selben Gedicht etwas neu deuten und bewerten? Wie oft kann ich den Sinn des Satzes nur durch sein Umfeld verändern?
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