Der Brunnen

Gestern habe ich es bereits erwähnt, dass wir beim Schreibtisch der Weststadtstory über Blockaden gesprochen haben und was uns vielleicht vom Schreiben oder Kunst machen abhält. Auch wenn die Schreibblockade die prominenteste ist, gibt es nämlich einen Haufen Blockaden die uns aufhalten können und eben auch in anderen Kunstformen. Oder Handlungen. Während der Mensch der sein Problem mit uns geteilt hat den Verdacht hatte, dass es ihm an Routinen mangelt, habe ich die Gelegenheit genutzt um in eine andere Richtung zu forschen. Ich bin nicht so super bewandert in Kriminologie, aber auf Verdacht hin die erste Person/Sache als Ursache zu identifizieren reicht nicht aus. Besonders wenn wir keine eindeutigen Beweise haben.

Ich habe also in eine andere Richtung geforscht. Eine, auf die mich "The Artist's Way" von Julia Cameron zu erst aufmerksam gemacht hat: "Der Brunnen". Der Brunnen ist nach Camerons Idee der Ort/Teil in uns, in dem wir eine Reihe unserer frischen Impulse aufbewahren, so wie wir frisches Quell- oder Trinkwasser aus einem echten Brunnen ziehen wollen. Und ohne das geht es nicht. Und so ist es auch in uns: Wir können keine Kunst aus dem Leeren schöpfen. Eine Idee zu haben, bedeutet eben auch Dinge gesehen zu haben, zu verarbeiten, zu bedenken. Das geht nicht mit einem realen nichts. Also müssen wir sicherstellen, dass unser eigener Brunnen Wasser führt.

Spannenderweise kennen wir teilweise die Suche nach den Brunnen auch aus dem, was wir in der Schule zum Beispiel bei Analysen machen. Wenn wir Künstler*innen in einen zeitlichen Kontext einordnen, dann denken wir auch darüber nach in welcher Schicht, in welcher Region, in welcher Epoche sie gelebt haben und mit welchen Themen und Quellen sie in Kontakt gekommen sind. Unsere aktuellen jungen Kunstgenerationen werden Kunst voller Umweltthemen und Queerness machen, weil das ist wer sie sind, aber auch weil sie selbst wiederum Inhalte dieser Art zu sich nehmen. Wenn wir also unsere Kunst auffrischen wollen, kann es auch bedeuten, dass wir uns vielleicht neue oder andere Dinge anschauen sollten als sonst.

Dabei muss es nicht mal um andere Kunst gehen. Denn da steht natürlich immer die Angst im Raum ob ich mich gerade inspirieren lasse oder kopiere. Beides ist eigentlich nicht verwerflich, wenn ich einen klaren Umgang damit finde der zu meiner Haltung passt. Und wenn wir etwas mit dem Erleben und Fühlen, was wir uns da anschauen. Denn auch wenn wir einem Werk mit einem Werk widersprechen, hat das absolute Berechtigung. Aber es braucht eben nicht klare Werke. Denn auch ein Wald, ein Fluss, eine Yogastunde, ein Essen probieren das wir nicht kennen, dass können Erlebnisse sein, die unseren Brunnen mit frischen Erfahrungen auffüllen, aus denen wir schöpfen können.

Woran es am Ende bei unserem Fall beim Schreibtisch lag, wird der Ankläger herausfinden müssen. Ob mein Verdacht sich bestätigt in diesem Fall ist mir auch gar nicht so wichtig. Ich kann gesichert sagen, dass der Brunnen schon häufig genug in meinem Schaffen das Problem war, dass er immer einer meiner Kernverdächtigen bleibt und ich ihn deshalb versuche gut im Blick zu behalten.

Kommentare

  1. Und ganz ehrlich: Genius Tipp. Brauche noch etwas Geduld, der Brunnen scheint sehr leer zu sein, aber es wird. Danke dir auf jeden Fall🫰

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