Manifestation

Irgendwo da draußen, sind noch alte Kurzgeschichten und kleine verschriftliche Visionen aus alternativen Realitäten. Die Kurzgeschichte wo ich mir meine Zukunft vorgestellt habe, vielleicht eine, wenn ich in meinem jetzigen Alter bin. Ich erzähle darin, wie ich Radiomoderator im Nachtprogramm bin und dort mit netter und sanfter Stimme Menschen durch die Zeit bringe, wo alles schweigt und schläft, bis der Tag wieder beginnt. Vielleicht hat ich die Vision eine Art Klaus Fiehe zu werden. Ganz sicher aber eben die Vision, mal Radio zu machen. Das Rad der Zeit hat sich weiter gedreht und ich irgendwann mal Podcasts gemacht. Es ist halt nicht das selbe, aber irgendwie dann doch die Richtung.

Ich wollte Journalist werden. Ich kann nicht sagen, was meine Motivation war. Aber sowohl bei der Bundeswehr im Pflichtdienst und mit einem Studium in Germanistik und Anglistik - welches ich nie abgeschlossen habe - ich war mir sicher, ich würde mal Journalist werden. Berichte und Artikel schreiben und irgendwie unterwegs sein. Entweder eben als Moderator oder aber eben als jemand der schreibt, über Themen und Geschenisse. Am 23.06.2008 geht mein erster Blogartikel auf dieser Seite online. Dazwischen war sie eine lange Zeit ein Ort für Gedicht und Kurzgeschichten. Dann irgendwann haben wir ein Team gegründet. Dann irgendwann ist das gewachsen, es gab plötzlich Fotoberichte, Rezensionen, Diskussionen, Kommentare und Artikel aller Art. Wir hatten hier plötzlich eine Redaktion. Ein Forum gab es mal. Es war nicht das selbe, als wenn ich selbst Journalist wäre, aber die Artikel sind da. Zum Zeitpunkt wo ich das schreibe sind es über 1600 auf diesem Blog. Aus über 15 Jahren. Jetzt poste ich jeden Tag einen Artikel ins Internet. Ist vielleicht auch nicht das selbe, aber dann eben auch irgendwie die richtige Richtung.

Wenn ich auf die Liste der Dinge schaue, die in meinem Artikel in meiner Abizeitung standen, was ich mal arbeiten möchte, auch wenn ich sicher nicht alles davon ernstgemeint habe, habe ich in gewisserweise alles davon erreicht, außer ein Musiklabel mit meinem Klassenkameraden Holger zu gründen. Eine der Eigenschaften die mir das möglich gemacht hat, ist ein sanfter Hauch Privileg vermute ich. Die Erziehung als Cis-Mann sorgt dann schon dafür, dass da ein Mindset installiert ist, das sagt: "Du kannst es schaffen, wenn du nur willst." Was witzig ist, weil meine Herkunft aus einer Arbeiter*innen-Familie darauf mit einem sehr deutlichen "Naja." antwortet und kritisch die Augenbrauen kräuselt. Aber in gewisserweise habe ich eben gemacht, was ich machen wollte. Selbst wenn ich noch nicht verstanden hatte, warum ich das will. Und auch jetzt muss ich das immer wieder erneuern.

Anfang diesen Jahres musste ich aus einigen Bereichen in den ich aktiv war ein wenig zurück treten. Aber ich konnte nicht aufhören Dinge zu tun. Vielleicht ist es Workoholism, wofür ich in meiner Familie deutliche Vorzeichen sehe, vielleicht ist es einfach nur viel Energie und Lust was zu machen. Vielleicht hat meine Zeit im Jugendverband mir zu glaubwürdig vermittelt, dass es immer was zu tun gibt und dass man immer etwas tun kann. Vielleicht haben mir Videospiele und Anime-Serien zu feste vorgemacht, dass wenn mensch immer weiter aufsteht, es eben auch weitergeht. Ich weiß es nicht, wo es herkommt. Ich weiß, dass es da ist. Vielleicht bin ich zielstrebig. Wenn ja, dann habe ich es erlernt. Oder ich war es schon immer und es wurde mir durch Bewertungen von Außen verschüttet. Schwer zu sagen. So oder so, ich weiß, dass es möglich ist. Irgendwie, wenn mensch sagt was er/sie/they erreichen möchte, kann es vorwärts und in diese Richtung gehen.

In der letzten Woche habe ich mich auf eine Stelle als Journalist beworben. Und wurde abgelehnt. Nicht weil mir die Qualifikation fehlt, denn mein Blog war den Leuten dort sogar schon im Blickfeld, es gab einfach keine Stelle. Meine Qualifikation habe ich mir selbst erworben. Über meine kostante Arbeit. Fehlen mir Skills die es zum vollwertigen Journalisten braucht? Ganz sicher. Zum Moderator im Radio? Bestimmt auch. Bin ich ein sehr guter Pädagoge? Möglicherweise, da habe ich sogar die Ausbildung, auch wenn ich sie 12 Jahre später gemacht habe, als ich sie vielleicht hätte machen sollen. Aber dann hätte ich sie vielleicht gar nicht geschafft und gemacht. Was nichts daran ändert, dass ich in der Zeit dazwischen Jugendgruppen angeleitet habe, in Zeltlagern mitbetreut habe und ehrenamtliche Leitung einer Jugendbildungamaßnahme für über ein Jahrzehnt war. Ich habe die Arbeit gemacht. Und ich bin dankbar für alle Chancen dazu.

Haltet an euch fest. Nicht krampfhaft, sondern mit einer Beweglichkeit, dass ihr eure Herzensangelegenheit machen könnt, auch wenn ihr nicht durch die Schablonen passt, die Gesellschaft sich ausgedacht hat. Wenn ihr eine Sache liebt, wenn sie eure Seele wachsen lassen und pflegen kann, dann lasst sie euch nicht wegnehmen. Ich bitte euch darum. Auch wenn es für den Moment keinen Sinn ergibt. Das kann nachwachsen. Ihr könnt entscheiden den Dingen in eurem Leben Sinn zu geben. Geht den Deal mit euch selbst ein. Geht respektvoll damit um, was euer vergangenes Ich schon an Zeit investiert hat. Vertraut darauf, dass es eine Idee dahinter gab. Einen Grund es auszuprobieren. Und wenn dann Gelegenheiten auftauchen, schüttelt ihre Hand.

Keine Ahnung. Ich glaube ich wollte ein bisschen meine Geschichte erzählen heute, aber auch versuchen eine positive Nachricht rauszuschicken. Zum Ende des Artikels erreicht mich die Unsicherheit. Weil auch ich auf die Bewertungen der Welt und Gesellschaft reinfalle. Weil es so leicht wäre zu sagen, dass ich diese Tätigkeiten nie wirklich war, weil ich damit kein Geld verdient habe, die Ausbildungen nicht gemacht habe. Zwischendurch ist das Konto knapp. Kann ich damit ein gutes Beispiel sein?

Nicht mein Problem. Das müssen andere für sich entscheiden. Aber wenn jetzt alles vorbei wäre, wäre ich froh, dass ich all diese Dinge probiert und gemacht habe und ihnen erlaubt habe in meinem Leben zu sein und zu bleiben. Und da ich wirklich keine Vorzeichen hatte auch nur irgendwie etwas oder jemand besonderes sein zu können, nicht mehr oder weniger als so viele andere, ist es eben wohl allen da draußen möglich. Trotz ungleicher Gesellschaft. Und auch das glaube ich lässt sich ändern, wenn wir es uns vorstellen wollen, davon erzählen und daran festhalten.

Kommentare

  1. Anonym27.12.23

    Das war ein wunderbar motivierender und persönlicher Start in meinen morgen, mit dir. :) Danke für deine Geschichte. Ich werd jetzt weiter an meiner schreiben und festhalten, während ich mich freue, dass du davon auch ein kleiner Teil bist.

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    1. Joa, gerne. Freut mich, dass der Artikel da was anbieten konnte.

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