Wenn ich das nochmal denken könnte

Über Erstgedanken hatte ich es diese Woche ja schon, aber ich denke da immer noch drüber nach. Ha, lol. "Das Denken von Gedanken ist gedankenloses Denken", fällt mir als alter Sinnspruch wieder ein, habe ich diese Woche vielleicht auch schon mal zitiert. Wie kann es aber denn eigentlich gelingen, nicht auf einen Erstgedanken rein zu fallen?

Sich trauen zurück zu gehen.

Ich weiß nicht viel darüber wie Denken funktioniert. Ich interessiere mich sehr dafür, lese einiges darüber, über psychologische Sichtweisen, spirituelle Sichtweisen. Aber spätestens als mich jemand gefragt hat, ob ich beim Denken eine Erzählstimme höre oder ich mir alles räumlich vorstelle und ich von der Frage verblüfft war, bin ich ins Schwanken geraten. Nicht weil ich die Frage so krass fand, sondern weil an der Frage aus dem Internet die These mit dran hing, dass wir gar nicht wissen, wie wer denkt. Und tatsächlich, in meiner WG haben dann alle beschrieben wie sie ihr Denken erleben und es war so verschieden. Es war unvorstellbar. Ich konnte mein Denken nicht dazu bringen wie das Denken der anderen zu sein. Also wie kann ich jemandem helfen das eigene Denken zu verändern?

Raus aus dem Kopf damit.

Meine Antwort bleibt das Papier. Papier zwingt uns zwar Gedanken in Formen zu bringen und nicht alles was in unserer Seele passiert lässt sich so ausdrücken, aber wenn ihr üben wollen vielleicht etwas langsamer im Denken zu werden, um nicht auf jeden Erstgedanken herein zu fallen, ist uns das Papier ein guter Sportplatz.

Wenn ich in meinem Kopf es schaffe langsam zu denken, dann merke ich das daran, wenn ich einen entscheidenen Move hinbekomme. Und zwar kommt nach einem Gedanken ja gerne schnell ein zweiter hinter her. Wir bewegen uns quasi auf einer abstrakten geistigen Landkarte in eine Richtung, die uns intuitiv als passend vorkommt. Die Intuition hängt von unserer Laune ab, davon wo wir sind, von Impulsen die wir bekommen und von neurologischen Bedingungen und erlernten Mustern. Der Move der mir gelingt ist auf der Landkarte zurück zum Start zu gehen. Denn vielleicht habe ich etwas verpasst, wenn ich nicht vom Startpunkt in mehrere Richtungen schaue. Dass der Satz "sich trauen zurück zu gehen" schon in diesem Artikel vorgekommen ist, kann beim Mitlaufen in meinen Gedanken für euch zum Beispiel schon wieder verloren und außer Sicht sein.

Vielleicht hat mir da die Logik von Videospielen geholfen, besonders Jump'n'Runs. In diesen Spielen geht es im Prinzip darum mit seiner Spielfigur einen Hindernis-Parkour mit Geschicklichkeit zu bewältigen. Dabei gibt es aber viele spontane und auch eingeübte Entscheidungen. Denn mache ich einen Fehler, werde ich zurück an den Anfang gesetzt. In zunehmend moderneren Spielen sind aber auch oft Sammelgegenstände und Geheimnisse in den einzelnen "Leveln" versteckt. Um diese zu finden muss ich an den Anfang zurück und mich fragen: Wenn ich diesen Level anders spielen würde als beim ersten Mal, was würde ich tun?

Wenn ich das mit Gedanken versuche, ist es wie eine Mindmap. Ich schreibe den Gedanken auf und den ersten der daraus folgt. Dann gehe ich aber zurück und frage mich: "Was ist ein anderer Grund/Folgegedanke den ich finden kann?" Und ja, auch da ist vielleicht die Motivation alle Geheimnisse meiner Gedanken zu finden. Alle möglichen Routen zu bedenken. Das gute am Papier ist, das es irgendwann voll ist. Das grenzt mir das so genannte Overthinking ein. Und zum Üben braucht es ja nicht Perfektion, sondern Praxis. Videospiele sind für mich auch Teil der Praxis gewesen. Selbst der Sport den ich mache beinhaltet diesen Ablauf: Erfassen, probieren, (möglicherweise scheitern), sich fragen wie es anders gehen kann oder sehen wie es anders gehen kann, neu probieren. Und das ist vielleicht - das weiß ich nciht sicher - warum sich auch Themen in diesem Blog immer mal wieder wiederholen. Weil wenn ich meine Blogartikel nochmal anders denken könnte, dann mag ich das tun. Und das kann ich ja. Im besten Fall entsteht aber so auch eine vollständigere Landkarte für alle, die alle Wege beinhaltet und nicht nur eine Route beschreibt.

Kommentare

  1. Anonym17.12.23

    Das holt mir wirklich ab, auf dem Weg in den Schlaf. Ich hab heute so viel auf Papier gedacht und hab noch mal diverse Schritte zurück gemacht und neu sortiert. Das war spannend, hilfreich und hat mich am Ende ziemlich entspannt, mit einigen Gedanken und Impulsen. Das mache ich auch schon seit einiger Zeit regelmäßig, aber ich bekomme es nur nachträglich hin, nicht in der akuten Situation. Bestimmt ist auch das eine Übungssache, erst durchzuatmen und nicht sofort zu reagieren. Schnell und in einer Situation auf etwas zu reagieren, ohne Zeit zum Nachdenken, ist ein Problem, merke ich zunehmend. Mein Temperament bzw. meine Impulsivität und der Wunsch, alles immer direkt zu bearbeiten, kommen mir in die Quere. Aber ich merke durchaus, durch einige Monate Schreiben, dass es dabei hilft, Erstgedanken zu verdauen und damit nicht sofort was zu tun. Allerdings merke ich auch, dass sie dadurch nicht weg sind und sich manchmal über längere Zeit anstauen bzw. immer wieder zurückkommen. Und dann muss ich noch etwas anderes überlegen, um damit umzugehen, weil sie sich sonst irgendwann durch die Hintertür doch wieder ins Denken und auch ins Verhalten durchschlagen. Und genau da will ich sie auf keinen Fall haben, weil sie da Schaden anrichten. Wenn bestimmte Erstgedanken immer wieder da sind, obwohl ich sie eigentlich bearbeitet habe, glaube ich, ist es doch ganz gut, sie mit jemandem zu teilen und zu schauen, ob sie nicht doch begründet sind. Oder ich brauche vielleicht doch etwas von außen, um dafür zu sorgen, dass sich die Auslöser nicht so stark wiederholen. Manches ist dann vielleicht für den eigenen Kopf doch zu groß, oder es gibt blinde Flecken, die man nicht sieht. Oder wie siehst du das?

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  2. Was ist als erstes sehe: Es ist auf jeden Fall auch eine Übungssache. Dafür Zeit und Ruhe zu finden und Räume in denen es möglich ist das zu üben ist halt wichtig. Da kann es gut sein mit dem eigenen Umfeld offen darüber zu reden, dass mensch das üben will.

    Das spannende ist für mich, dass wenn der Wunsch ist "es direkt zu bearbeiten", sich hinsetzen und es aufschreiben und üben und tiefer darüber nachdenken ja ein "sofort bearbeiten" ist. Wir machen ja was damit, der Unterschied ist nur, dass wir zwischen Handlung und Überlegung eine etwas längere Schlaufe einlassen.

    Ein Erstgedanke der wiederkommt, ist halt dann schon kein Erstgedanke mehr. Dann ist es ein Denkschema und da komme ich auch wieder dahin zurück, zu üben, sich selbst anders zu denken. Denn ein Schema abschaffen oder umstellen braucht schon mehr Arbeit und vorallem Kostanz in dieser Arbeit. Wenn ich also so einen "problematischen Gedanken", der widerkehrt immer wieder abhalte oder neu bewerten kann, wird es irgendwann einen Kipppunkt geben. Es wird immer seltener werden, dass ich so handele wie ich es nicht will. Und dafür braucht es immer weitere Übung bis die Zahl der Erfolge gegen diesen Gedanken so hoch ist, dass das Ablehnen des Gedanken die Regel wird und nicht das Folgen des Gedanken.

    Ich weiß nicht wie einfach es ist die Auslöser zu vermeiden. Über Auslöser haben wir recht wenig Kontrolle in meinem Erleben. Aber nicht keine, das stimmt. Da kann ich nicht so sicher etwas zu sagen.

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    1. Anonym19.12.23

      Wow. Danke. Das ist richtig viel zum noch mal drüber nachdenken. Das nehm ich mal ins Schreiben mit.

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