Was anderes: Tekken 8 und die Gender-Klamotten

Okay. Ich habe wirklich ganz viel Freue und Euphorie daran über Kunst und für die Kunst zu schreiben. Mir gefällt der Gedanke sehr gut, dass das hier mal ein riesiges Archiv an Methoden und Gedanken wird, dass hier kleine Gespräche und Austausch wohnen dürfen. Aber ich habe halt auch mehr Ebenen als "Kunst" als Fachbereich. Und ich habe mir auch die Aufgabe gesetzt, dass ich mich schreiberisch weiterentwickeln möchte. Und in einer inhaltlichen Mono-Kultur geht das nur schwer. Also versuche ich - vermutlich immer am Wochenende - über etwas zu schreiben, was nicht unmittelbar mit Kunst und Kunstmachen zu tun hat. Was anderes halt. Und da es heute um ein Videospiel geht und eine Entscheidung des Teams dahinter, sind wir doch auch gar nicht so weit weg von dem Kunst-Thema.

Ja. Videospiele können auch Kunst sein und erfüllen in meiner Wahrnehmung alle Kriterien dafür. Und eine hohe Vergleichbarkeit zu anderen Medien die als Kunst bezeichnet werden könnten, gibt es auch. Einige der Videospiele schaffen es sogar zu festen Größen in der Popkultur und schwappen in andere Medien über. Super Mario kennen auch Menschen, die keines seiner Spiele je gespielt haben. Er und sein alter Rivale Sonic haben zuletzt wirtschaftlich recht erfolgreiche Filmausflüge gemacht. Aber da möchte ich gerade nicht hin, denn mich beschäftigt eine Entscheidung im gerade frisch erschienenden Tekken 8.

Gerade frisch erschienen. Das bringt mich direkt dazu, eine begrenzte Haltbarkeit an diesen Artikel zu packen. Die Zeiten, dass ein Spiel so bleibt, wie es bei Veröffentlichung war, die sind vorbei. Hersteller*innen bringen Updates, die teilweise ganze Mechaniken der Spiele verändern und meine Kritik könnte sich in ein paar Wochen schon erledigt haben. Aber jetzt für den Moment wird sie Bestand haben.

Es sind großartige Zeiten für Menschen, die gerne Fighting-Games spielen. Das sind Spiele in denen eben die Figuren in einer übermäßig maximierten Version von Schere-Stein-Papier gegen einander antreten. Die Komplexität ergibt sich daraus, dass alle Figuren ein eigenes Set an verschiedenen Steinen, Scheren und Papieren mitbringen, die in ihren Details anders sind und somit immer andere Reaktionen erfodern und das in einem hohen Tempo. Und diese Art Spiele feiert gerade, dass einige der langjährigen Reihen alle in einem engen Zeitfenster neue Teile veröffentlicht haben, die alle eine unfassbar hohe Qualität haben. Street Fighter 6, Mortal Kombat 1 (nicht der erste Teil der Reihe) und Tekken 8 sind da gerade die Vorreiter. Und selbst Spielereihen die weniger bekannt sind erfreuen sich aktuell im Fighting Game Sektor höchster Qualität. Es sind tolle Zeiten für uns Spieler*innen. Macht Bock.

Diese Reihen sind zum Teil so alt wie wir selbst, die Welt hat sich weitergedreht und Menschen so einiges gelernt, über den Menschen.

Street Fighter 6 hat einen tollen Figuren-Editor mitgebracht, der erlaubt einen eigenen Charakter zu erstellen und hat damit aber auch die Fantasie der Spieler*innen beflügelt. Im Internet gibt es unzählige Beispiele für Menschen, die berühmte andere Figuren in Street Fighter eingebaut haben. Von Monkey D. Luffy, über einen ehemaligen amerikanischen Präsidenten, Pikachu, es gibt irgendwie alles. Und alles war möglich, auch in Sachen Repräsentation. Denn Street Fighter 6 hat die Gender-Optionen bei der Erstellung der Figuren so eingestellt, dass alle Sitmmfarben für alle Gender zur Verfügung stehen und auch alle Konstellationen von Körperbau und Ansprache miteinander kombinierbar sind. Im Rahmen dieser Offenheit wurde auch die Kleidung im Spiel frei zur Verfügung gestellt.

Als Tekken 8 herauskam, ist das Internet auch mit tollen individualisierten Figuren geflutet worden. Monkey D. Luffey (lol), Lara Croft, Goku, und einige weitere. Der Editor wurde gelobt, wenn auch es wichtige Unterschiede zu den Kollegen von Street Fighter gibt. So erstelle ich hier keine eigene Figur, sondern passe eine bestehende Spielfigur an. So bleiben diese Charaktere in sich bestehen, bekommen aber einen alternativen Anstrich. Dafür stehen Klamotten und Frisuren zur Verfügung. Und während der Editor gelobt wurde, war ich teilweise enttäuscht. Denn im Vergleich zum vorherigen Spiel der Reihe hat sich die Zahl der Optionen eigentlich gesenkt. Aber es ist noch früh im Lebenszyklus der Spiels. Der Lebenszyklus ist die Phase die ein Spiel hat, bevor der nächste Teil der Reihe entwickelt wird. Und so schaue ich auf Tekken 7 zu einem Zeitpunkt, als es etwas Sieben bis Acht Jahre Zeit hatte, Tekken 8 hat nicht mal so viele Wochen voll.

Es ist aber nicht nur die Tatsache, dass die Auswahl geringer ist, sondern was mich besonders ärgert, wie hart an zwischen den Gendern der Figuren die Klamotten aufgetrennt sind. So gibt es für weibliche Figuren als alternatives Beinkleid eigentlich nur Röcke, eine kurze Hose und einige wenige lange Hosen. Warum ein Rollkragenpullover mit Boxhandschuhen nur den Herren vorbehalten ist, verstehe ich nicht. Warum es das Karate-Gi nicht auch für die Damen gibt, zu mal eine der weiblichen Spielfiguren per Story sogar auch ein Karate-Dojo betreibt, will mir nicht so recht in den Kopf. Außer, dass hier eine etwas altmodische Vorstellung von Gender betrieben wird und Kleidung eben streng in "männlich" und "weiblich" getrennt wurde.

In einem berühmten Interview vor einigen Jahren, warum in einem Spielmodus von "Assasin's Creed" in dem Spieler*innen eigene Figuren erstellen konnten keine Frauen bzw. weibliche Figuren verfügbar wären, wurde geantwortet, dass diese ja zu schwer zu animieren wären. Also die Umsetzung der Bewegung von Frauen sei im Vergleich zur Bewegung von männlichen Charakteren zu kompliziert, zu aufwändig, zu kostenintensiv. Der Teil der Gaming-Szene den ich ernstnehmen kann hat das als Bullshit outgecallt. Und würden die Macher*innen von Tekken sich auf so ein Argument berufen, dann wäre das absolut lächerlich. Gerade Fighting-Games leben von markanter Animation und unterscheidbaren Bewegungsstilen.

Harada, der Kopf der Unternehmung Tekken, sagt selbst (teilweise scherzhaft) im Internet "Don't ask for shit". Da er mit Fans viel in Kontakt auf Kurznachrichtendiensten ist, hatte sich schnell eingebürgert, dass Fans ihm dort Forderungen stellen. Aktuell geht es dabei um Gastcharaktere. Besonders um Tifa Lockheart aus Final Fantasy. Harada reagiert darauf, aber wimmelt trotzdem etwas ab: Er zeigt Verständnis, aber muss auch die Möglichkeiten abwägen. Wäre ich aktiver auf diesen Diensten, würde ich ihn wohl auch mit einer Forderung nerven: Alle Kleidung für alle Charaktere. So wie es in echt auch wäre, lol. Alle Möglichkeiten der Repräsentation für alle Figuren und dadurch für alle Spieler*innen. Denn ich kenne mehr weibliche Personen, die keine Röcke tragen, als welche die es tun. Und ich selbst besitze Kleidung aus der "Frauenabteilung", weil sie mir besser gefallen hat oder besser steht. Und eigentlich ist hier das Warum egal. Harada, gib uns die Klamotten.

Warum das übrigens einen Artikel wert ist? Weil ihr vielleicht auch Spieler*innen seid und Tekken sicher nicht das einzige Spiel mit so einem Problem ist. Garantiert sogar nicht. So kann ich in Pokemon mit einer männlichen Spielfigur nicht die selben coolen Frisuren haben, wie jemand mit einer weiblichen Spielfigur. In einigen Spielen, wie Persona 3, ändert sich sogar ohne sinnvolle Erklärung der Verlauf der Geschichte des Spiels, wenn mensch die weibliche Spielfigur wählt. Was allerdings in einem neuen Remake sogar wieder rückgängig gemacht wurde bzw. alle Teile der Geschichte für alle Gender zur Verfügung stehen. Ich finde aber schon, dass ihr euch von Hersteller*innen von Spielen wünschen könnt, dass alle Optionen für alle Figuren zur Verfügung stehen. Und da ist Gender auch nur eines der anzugreifenden Probleme.

Mal sehen wie lange es bei Tekken 8 dauert, bis sich da was tut. Bis dahin: Get ready for the next battle.

Kommentare

Vielleicht auch spannend: