Das eigene Wörterbuch

"Unter einer Definition (lateinisch definitio, „Abgrenzung“, aus lateinisch de-, „(von etwas) herab/weg“ und lateinisch finis, „Grenze“) versteht man in Logik und Wissenschaftstheorie die Bestimmung eines Begriffs (Begriffsbestimmung) oder die Erklärung des Wesens einer Sache."
so definitert -haha- Wikipedia das Wort Definition. Eine Abgrenzung um etwas zu bestimmen und die Erklärung des Wesens einer Sache.

"Wenn wir alle jetzt einen Stift in die Hand nehmen und aufschreiben was zum Beispiel Liebe für uns ist, dann wird da bei uns allen was anderes stehen. Die Chance dass zwei Leute den identischen Satz schreiben, die ist sehr gering.", sage ich, wenn ich Menschen in Workshops erkläre, warum es wichtig sein kann seine eigene Sprache auf Bühne zu erklären. Denn wenn wir beide das selbe Wort benutzen, bedeutet es eben nicht, dass wir damit die selben Erlebnisse und Energien verbinden. Und ich glaube das ist für die wenigsten die hier mitlesen eine Überraschung. Wenn ihr meine Inhalte mitbekommt, gibt es große Chancen, dass ihr eh schon mit dem Wort arbeitet. Aber arbeitet ihr mit euren Worten?

Für jede dokumentierte und fremdesprache gibt es Wörterbücher. Wenn wir ein Wort sehen, wo wir uns der Sprache und Bedeutung nicht sicher sind, dann werfen wir es in eine Suchmaschine und hoffen, dass sie erkennt, worum es dann geht. Aber was ist mit unseren eigenen Worten? Wo kann mensch das nachschauen?

Als Arbeiter*innen-Kind habe ich einen Fremdwörter-Duden. Früher habe ich viele fremdwörter benutzt um klug zu wirken, viele davon falsch. Dann habe ich angefangen nach zu schauen. Verstanden habe ich trotzdem nicht alles und tatsächlich habe ich dann die Zahl der Fremdwörter in meiner Sprache versucht zu reduzieren. Mit gemischtem Erfolg. Zum einen, weil einfache Sprache vielen Menschen hilft Zugänge zu finden, aber zum anderen, weil ich gedacht habe, dass wenn ich ein Wort das ich verwende erklären muss, es gar nicht mal so präzise sein kann. Und ich mag präzise Sprache. Wenn ich genau weiß was es bedeutet und es keine Missverständnisse geben kann. Und das ist

unmöglich. Eben wegen der geheimen eigenen Wörterbücher. Über die Zeit und das Lernen mit Sprache, über diverse Gespräche, Gedichte, Rosenbergs, Schulz von Thuns, Scott McClouds und andere Schulen und Gedanken zu Kommunikation bin ich zu dem Schluss gekommen, dass wir immer wieder neu definieren müssen, was Worte bedeuten - für uns. Ihre Kontexte verstehen. Und dafür lohnt es sich aber eben auch sich selbst die Mühe zu machen, seine eigenen Worte mal zu definieren. Denn eine gute Definition ist die Basis für Klarheit und ein Gespräch.

Was bedeutet Liebe in deiner Sprache? Wie drückst du aus, wenn du traurig bist? Was ist für dich Freiheit? Was ist für dich Sicherheit? Woran erkennst du Privileg? All diese Dinge sind wichtig immer wieder zu prüfen. Und sie klar haben macht es einfacher mit anderen Menschen in den Austausch zu gehen.

Als Notizbuch-Ultra erwische ich mich immer wieder dabei, wie ich eigene und andere Definitionen notiere, um mich daran abzugrenzen und das Wesen einer Sache zu erkennen, genauso wie Wikipedia es sagt. In gewisserweise definiere ich darüber auch mich. Denn meine Sprache, meine Definitionen, das formt mein Reden, mein Handeln und damit auch meine Identität. Also brauche ich manchmal ein Wörterbuch für mich. Für mich selbst. Für mein Selbst.

Welches Wort fällt euch am leichtesten zu definieren?

Kommentare

  1. Anonym21.1.24

    Ehrlich gesagt, hab ich eher Wörterbücher für alle Menschen in meinem nahen Umfeld. Ich sauge auf, wie andere Menschen bestimmte Begriffe verwenden und behalte das im Hinterkopf. Oder die Erklärungen dazu, warum manche Begriffe anders verstanden werden als ich sie interpretiere. Und dann habe ich irgendwo in meinem Kopf Übersetzungen für die Menschen, die mir wichtig sind und lerne ihre Sprache. Dafür braucht es dann eben Austausch und Übersetzung, damit das möglich ist. Und manchmal findet man auch gemeinsame Definitionen. Aber die braucht es auch nicht immer. Oft reicht Rücksicht und die Haltung, dass beide Standpunkte ok sind und Interesse daran, sich gegenseitig zu verstehen. Das ist, wie für mich Wertschätzung funktioniert, auch wenn das kein allgemeingültiger Definitionstext ist.

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    1. In der Forschung mit Sprache ist klar geworden, dass andere Sprachen nur sicher erlernt werden können, wenn mensch die eigene beherrscht. Ich sehe den Gedanken dahinter "gemeinsame Sprache" zu finden, aber fürs Erlernen - und in dem Artikel geht es ja um Selbstaktualisierung - ist es wichtig die Grammatik und Regeln, Abweichungen und Vokabeln der Muttersprache zu beherrschen.

      Bei Menschen die zuwandern hat man irgendwann festgestellt, dass es besser ist ihnen vertiefende Kurse in ihrer Muttersprache zu geben, damit es dann leichter fällt die Sprache des Landes zu lernen, in das sie Einwandern. Besonders auch wenn diese Menschen Kinder haben. Den es ist wichtiger erstmal die Systematik einer Sprache komplett zu verstehen. Von da aus lassen sich dann leichter neue Sprachen lernen, als wenn zwei Sprachen nur halb verstanden werden.

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