Die Differenz zwischen zwei Teilen
"Schon wieder ein Zitat am Anfang. Schon wieder ein Bezug auf eine andere schlaue Person, als hättest du keine eigenen klugen Gedanken. Hast du denn nichts originelles? Naja, doch schon, aber ich reagiere ja auch auf die Welt. Und hey, ich liebe gute gutmerkbare Zitate. Ja, schon, aber irgendwann ist das stilistisch ganz schön ermüdend, wenn es immer nur mit Zitaten als Aufhänger ist, oder? Hä, aber in all den schlauen Büchern stehen auch ständig Zitate? Beth Pickens, Austin Kleon und auch bell hooks, was du gerade aktuell liest, da geht es ständig um Zitate und Quellen und Aussagen von anderen Leuten die eingeordnet werden. Ja, aber die sind ja auch super schlaue wissenschaftliche Leute. Ist das so?......."
Vor ein paar Tagen habe ich einen Artikel mit einem Zitat eröffnet, das Bruce Lee zugeschrieben wird. Ich weiß genau was ich sagen wollte, ich habe einen Kommentar dazu gelesen, dass es ein guter Impuls war, ich selbst mochte den Artikel gar nicht so gerne. Wenn ich darüber nachdenke weshalb, dann stoße ich mich eben wie mein innerer Monolog in Absatz Eins zeigt daran, dass ich so oft Artikel mit Zitaten beginne.
Der Gedanke daran, dass der Artikel nicht so gut war, verfolgt mich etwas. Er nimmt mir Schwung für neue Artikel. Er taucht immer wieder auf, schiebt mich in die Analyse meiner Leistung und in Überlegungen was ich machen und lernen kann. Und was immer mich im Inneren bewegt, kann auch auftauchen wenn ich meine schriftliche Meditation am Notizbuch mache und siehe da, ein frischer Gedanke taucht plötzlich auf:
Wenn ich meine Kunst immer aus meiner Seele mache, dann gibt es Sachen die ich als Person sehr gerne mag, die aber für mich als Künstler irgendwann nicht mehr ausreichend erscheinen. Ich als Person mag Zitate sehr gerne. Ich als Künstler sehe, dass ein Haufen Poet*innen, Autor*innen, meiner Artikel, mit Zitaten überfrachtet sind, die oft verstärken sollen, was mensch selbst eigentlich sagen möchte oder Startpunkt einer Inspiration waren. Da ich als Künstler mich aber weiter entwickeln will, ich aber als Person gar nicht unglücklich mit Zitaten bin, entsteht zwischen diesen beiden Ebenen von mir ein kleinerer Streit. Den beizulegen sehe ich als sehr einfach möglich: Beide müssen die andere Seite lernen zu akzeptieren und ihr eigenes Wachstum durchmachen.
Also fange ich an mit meinem künstlerischen Anteil Hausaufgaben zu machen. Den Glauben in die eigenen Worte stärken, dafür kann ich Gedichte schreiben und veröffentlichen, in denen ich keine Zitate verwende und mich nicht auf andere Menschen beziehe. Zumindest ist das eine Strategie für mich. Eine andere ist, dass ich erstmal Artikel schreibe, die ohne Bezüge auf andere Quellen und Aussagen auskommen. Das wird nicht für immer gehen, weil wenn ich etwas kluges gelernt habe irgendwo, dann möchte ich das meist auch teilen. Aber dieses Teilen kann ich verschieben und terminieren. Darüber hinaus schaue ich mir nochmal an, wie noch weitere Zitattechnicken aussehen, denn beim Durchlesen meiner alten Artikel sehe ich: Ich verwende immer Zitate in direkter Sprache und oft mit dem Versuch sie als Aufmacher zu verwenden.
Wenn also alles nach Plan läuft, entwickele ich meinen künstlerischen Anteil weiter und verbessere meinen Stil. Dabei trage ich in meinem Bewusstsein, dass so eine Entwicklung auch wieder zurück fallen kann. Denn eine lang eingeübte Gewohntheit oder Art und Weise lässt sich nicht mit einer einzelnen Übung ablegen. Hier könnte ich jetzt - schon wieder - jemanden zitieren, mache ich aber nicht aus offensichtlichen Gründen. Wissen ist nicht aus Zement, sage ich jetzt. Und damit könnt ihr mich zitieren, wenn ihr wollt.
Ich mag es zusammenfassend nochmal betonen: Ihr seid als Künstler*innen nicht verpflichtet so zu schreiben wie das, was ihr selbst am liebsten lest. Ihr müsst nicht Bilder malen, die ihr euch auch selbst gerne aufhängen würdet. Ihr müsst nichtmal eure eigene Kunst mögen, allerdings könnt ihr euch gerne fragen was passieren muss, damit ihr für sie volle Akzeptanz habt. Zwischen eurer Identität und den Ergebnissen eurer Kunst darf es eine Differenz geben. Und diese Differenz ist kein Hinweis auf ein Fehlen, sondern ein Hinweis darauf, dass ihr nicht eure Kunst seid, sondern eure Kunst macht.
💜 Mit sich selbst im Gespräch zu sein und alle Teile auch zu Wort kommen zu lassen ist anstrengende Arbeit, die sich jedoch lohnt. Danke für den Einblick in eins dieser Gespräche. Was du daraus mitnimmst, finde ich spannend und bin interessiert zu sehen, wie sich das auf dein Schreiben auswirken wird.
AntwortenLöschenJa, ich bin auch gespannt, merke aber auch schon beim Schreiben selbst, dass sich eben etwas verändert. Wie so oft ist der wichtige Marker auch mal wieder Bewusstsein.
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