Die Lähmung der Listen

- Müll runterbringen
- Post sortieren
- Briefe wegbringen
- Altglas wegbringen
- Pfand wegbringen
- Einkäufe für die nächsten Tage
- Eine Hose zur Scheiderei bringen
- Das Kind abholen
- Emails beantworten
- Einen Blogpost schreiben
- Nägeln schneiden
- Eine To-Do-Liste schreiben
- Die To-Dos erledigen
- Auf die Zahl der To-Dos gucken
- Erschlagen sein von der bloßen Zahl

Viele Menschen lieben ja To-Do-Listen oder ähnliches. Aber manchmal finde ich sie anstrengend. All diese Aufgaben die da oben stehen, sind für sich genommen - für mich - recht einfach. Aber manchmal werden die Listen so lang, dass entscheiden was zu tun ist nicht mehr einfach ist. Plötzlich ist die Liste noch nützlich, aber sie hilft nicht mehr, sondern sie lähmt. Zum Beispiel, weil wir Entscheidungen treffen müssen. Egal ob Christian Rach oder Gordon Ramsey, wenn die Restauranttester los sind, haben diese ganz oft gesagt, dass die Speisekarte gekürzt werden muss, weil zu viel Auswahl auch nicht gut ist. Und wenn wir ehrlich sind, ab einer bestimmten Zahl möglicher Gerichte, finden wir auch den Lieferimbiss an der Ecke fragwürdig, denn: Die können ja nicht all dieses Essen gut können. Und als ich mal bei einer berühmten Sandwich-Kette etwas essen wollte, bin ich hungrig gegangen, da die vielen Optionen mir kein Gefühl von Freiheit und Auswahl, sondern von Stress vermittelt haben.

Kuriere, egal ob für Lebensmittel oder Pakete empfehlen ja das Kombinieren. Lieferungen die in die selbe Richtung müssen werden geclustert bzw. zusammen gefasst zu einer Tour. Das klingt erstmal sehr einleuchtend, da es natürlich Ressourcen spart, wenn mensch zum einen nicht für jede Lieferung einzeln hin- und zurück fährt, aber eben auch nicht immer sofort los fährt, wenn die Sache rein kommt. Was bedeutet das für uns, wenn wir Kunst machen? Auch wir können Aufgaben clustern. Nämlich wenn wir dafür zum Beispiel eh den selben Gegenstand brauchen. Wenn ich meine Email beantworte, was leider zum Büro des Selbstständigen und aktiven Kunstmenschen gehört, kann ich vielleicht auf dem Weg auch meine Mail beantworten. Wenn ich eh meine Pakete verschicke, kann ich auf dem Weg vielleicht auch neues Material für meine Werkstätte kaufen gehen auf dem Weg. Und so weiter.

Allerdings mag ich sagen, dass Dinge sofort erledigen - wenn mensch die Möglichkeiten dazu hat - auch sehr hilfreich sein kann, der Lähmung vorzubeugen. Dabei ist Zeitumfang und Aufwand eine wichtige Entscheidung. Manche Menschen, zum Beispiel Olympionik Alexi Pappas empfehlen diese Dinge am Abend vorm Schlafen gehen zu machen. Denn wenn das Outfit schon rausgelegt ist, das Frühstück schon vorbereitet, der Teebeutel schon in der Tasse und das Wasser schon im Kocher ist, nehme ich mir Entscheidungen ab, die ich sonst alle in der Zukunft - und vielleicht noch nicht ganz bei Bewusstsein - treffen müsste. Und da Entscheidungen Willenskraft kosten und wir die den ganzen restlichen Tag auch noch für wichtigere Dinge brauchen, kann es sinnvoll sein lieber den letzten Rest am Abend dafür zu spenden und so die Zukunft leichter zu machen. Danke, Ich von gestern. So geht es einfacher.

Einem Japaner, Ono Taiichi wird nachgesagt, dass er die Kanban-Methode erfunden hat. Diese soll auch helfen mehr wirklich zu machen und weniger zu planen. Denn tatsächlich gibt es Hinweise darauf, dass Planen uns viel mehr Energie kostet und stresst, als Dinge wirklich durch zu führen. Bei der Kanban-Methode schafft mensch sich eine Übersicht mit drei Kategorien:
To Do, Doing, Done.
Diese Übersicht kann zum Beispiel an einer Pinnwand oder einem White Board sein, darf in jedem Fall so öffentlich sein, dass wir auch ein bisschen soziale Kontrolle und Accountability erfahren. Da das Ziel ist die Pakete die wir uns vornehmen kleiner zu machen und aber gleichzeitig auch eben wirklich Dinge zu tun. Deshalb werden Projekte auch in Kleinaufgaben unterteilt. Ein Projekt das zu meiner To-Do-Liste am Anfang passt wäre: "Ordnung zu hause schaffen" und die Teilschritte könnt ihr denke ich ganz gut auch selbst eben darin wiederfinden. Wenn alle Aufgabenteilschritte gefunden sind, werden diese auf einzelne Zettel geschrieben und kommen ins "To Do" als Speicher für Aufgaben. Dann starten wir das Machen und ein wichtiger Aspekt kommt zu tragen: In die "Doing"-Spalte dürfen immer nur drei Sachen gleichzeitig. Damit wir was neues anfangen dürfen, müssen wir erst etwas aus dem Doing erledigen.
Sollten wir dabei mal stocken, kann es gut sein zu identifizieren, ob unsere To-Dos Dinge sind, die wir vielleicht nicht alleine tun können. Da müssen wir genau drauf achten. Denn wenn ich um meine Rechnung zu schreiben noch Informationen braucht, ist der Teilschritt davor mit der entsprechenden Person zu sprechen.

Die Spalte mit dem "Done" gefällt mir dabei besonders gut. Am Ende eines Tages sind auch die Erfolge sichtbar. Ein Tool, das ich selbst viele Jahre genutzt habe, war eine so genannte Done-Liste. Mein Ziel war nicht nur bestimmte Dinge geschafft zu bekommen, sondern auch ein Gefühl dafür zu bekommen, was ich so eigentlich alles mache. Zum einen weil ich ständig dachte ich wäre faul und mache gar nichts, während meine Menschen um mich herum das ganz anders beobachtet haben. Zum anderen, um auch manchmal zu erkennen, ob meine Prioritäten richtig liegen. Denn natürlich ist es schön wenn ich an Sechs Tagen die Woche mich gut um mein Ehrenamt kümmer, aber es wäre auch gut wenn ich in der selbe Woche etwas fürs Zahlen meiner Miete tun würde. Prioritäten und Sichtbarkeit für mich selbst also. So habe ich getrackt wieviele Tage die Woche ich gelesen habe, Arbeit gemacht habe, vegetarisch oder vegan gegessen habe und so vieles mehr. Bestimmt fünf oder sechs Jahre lang, auf einem Whiteboard in meinem Zimmer. Es war ein nützliches Tool. 

Vor kurzem habe ich mich von der Done-Liste getrennt. Nicht, weil sie nicht gut gewesen wäre. Sie war fertig. Für den Moment. Ich möchte mir gerade anschauen, wie es ohne Tracking laufen kann. Ob ich jetzt die Wahrnehmung und das Gespür habe, um das was mir wichtig ist auch selbst wahrzunehmen. Und auch das kann nämlich gut und wichtig gegen stressige Listen sein: Prüfen, ob sie gerade überhaupt notwendig sind und sie vielleicht mal weglassen. Denn wenn sie bisher nicht gut funktionieren oder keinen Effekt mehr haben, ist es sinnvoll neue Erfahrungen ohne diese und mit andren Tools zu machen. 

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