Das Internet vergisst nichts, aber das ziemlich schnell

Dass ich zu manchen Themen mehrfach Artikel oder auch Bühnenstücke schreiben werde, habe ich hier schon mal erzählt. Ein Grund dafür ist auf meiner Seite, dass ich mir nicht immer sicher bin und sein kann, ob es mir schon voll oder gut oder zeitgemäß oder ausreichend gelungen ist das Thema zu erfassen. Ein weiterer Grund ist aber auch, dass das Gedächtnis des Internets nicht so funktioniert wie das Gedächtnis von Menschen. Wobei, beides ist schlechter als ich glauben mag, das haben sie also gemeinsam.

Bei Plattformen wie Instagram fällt es mir besonders auf, weil sie sich nicht gut durchsuchen lassen und auch davon leben das immer und immer wieder neues hochgeladen wird: Alte Beiträge verschwinden im Fluss des neuen Contents. Im "regulären" Internet, wo sich die Inhalte nich hinter der kleinen Barriere einer App verstecken, gibt es natürlich Suchmaschinen, aber diese bevorzugen zum einen immer größere Seiten, zum anderen eben inzwischen auch oft Aktualität. Selbst wenn ich also vor drei Jahren den besten Beitrag jemals geschrieben habe, der alle Probleme der Welt lösen könnte, so wird er weniger gesehen, wenn er nicht bestimmte Kriterien erfüllt. Und er wird auch neuen Leuten nicht unbedingt angezeigt. Denn wer auf meinen Blog hier stößt oder anderswo auf meine Inhalte, sieht vorallem das neue Zeug an der Spitze.

Manche Blogs haben früher Tools gehabt, die besonders beliebte Artikel gesondert angezeigt haben, aber auch das braucht sich irgendwann auf. Vorallem wenn eine Seite sehr lang existiert. Seit vielen Monaten schreibe ich jetzt hier Artikel, wovon einer der beliebtesten (in Klickzahlen) der über Julia Engelmann ist. In der Gesamtheit aller Jahre meines Blogs hätte dieser Beitrag aber nicht mal einen Platz in der Top 20. Wenn ich in die Statistiken schaue - was immer seltener wird - sehe ich aber, dass dieser Artikel keine neuen Ansichten sammelt. Auch wenn er vielleicht ganz gut ist. Und das ist erstmal auch kein großes Problem, kann aber zu einer Fehlwahrnehmung führen.

Wenn Artikel weniger Ansichten hat, dann ist das ja vielleicht auch ein Maßstab dafür, dass er weniger "gut" ist, oder? Nein. Genau das eben nicht. Einige meiner liebsten Artikel werden wenig angeklickt, andere haben eine Woche nach Veröffentlichung plötzlich einen Haufen Klicks dazu bekommen. Hier gibt es Dinge die wir nicht beeinflussen (können), die einwirken. Und eines davon ist eben das Gedächtnis des Internets. Das andere ist aber, dass selbst wenn wir unsere Inhalte auf Plattformen dann teilen, wir nicht wissen in welcher Situation unsere Empfänger*innen diesen Inhalt sehen. Und ob es gerade für sie interessant ist. Instagram, Twitter, Threads, Tiktok, Facebook, all diese Orte haben eigene Kriterien dafür, wann sie Inhalte bervorzugt anderen zeigen. Social Media Manager*in und Content-Optimierer*in sind nicht umsonst neue Berufe geworden. Wer nach Klicks für Anerkennung jagt, muss diese Sachen beherrschen. Und das ist ätzend, weil wir hier in diesem Blog wie wir uns treffen, wollen ja eigentlich lieber Kunst machen als den ganzen anderen Bumms.

Unsere Aufgabe kann es sein, Leute zu erinnern. Es reicht nicht eine Story, ein Posting für dein neues Buch zu machen. Es werden nicht mal alle deine Follower*innen gesehen haben. Es werden Leute verpassen. Es können Leute neu dazugekommen sein, seid du es zum ersten Mal geteilt hast. Das Internet vergisst schnell und findet nicht die selben Dinge wichtig und bemerkenswert, die du wichtig und bemerkenswert findest. Und eine gute oder wichtige Sache, die erwähnt mensch immer wieder. Wer antifaschist oder feministisch ist, sagt es ja auch nicht nur ein mal und macht dann nichts. In all diesen Bereichen haben Leute immer das gleiche Thema, für das sie jeden Tag irgendwie aktiv sind. Wenn du also in deiner Kunst oder in deinen Produkten eine Sache hast die du wichtig und bemerkenswert findest, dann wirst du dich wiederholen müssen, du wirst immer wieder neue Wege finden deine Sache zu sagen, um immer anderen Menschen einen Zugang zu ermöglichen.

Ich mag die Regewendung "Auf die Sprünge helfen", was wohl aus der Jagd kommt und "Sprünge" da eine Spur oder Fährte meinte. Und jetzt wird die Redewendung eben genutzt um zu sagen, dass jemand Unterstützung bekommt oder eben auch eine Erinnerung. Und wie passend ist es also, wenn wir im Internet immer mal wieder den Leuten helfen, unsere Spur aufzunehmen und unsere Sachen zu finden?

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