T.E.A.M.

In meiner Zeit als ich noch in einem Büro gearbeitet habe, gab es immer diese Dad-Joke-Profis, die auf viele Begriffe noch mal einen "lockeren Spruch" hatten. Das waren dann auch so Leute, die den selben lockeren Spruch auf der Kirmes als Metalltafel an irgendeinem Stand gekauft haben um ihn sich auch ins Büro zu hängen. Mit dem Wort "Team" gab es eben auch immer diesen tollen Merkspruch, dass es ja eine Abkürzung wäre und zwar für "Toll, ein anderer macht's!" Ob das jetzt sehr witzig und clever ist, oder eben nicht, das dürft ihr mit euch selbst ausmachen.

Gerade habe ich frisch ein Motivationsschreiben für die Teilnahme an einem Wettbewerb schreiben müssen. Und vor einiger Zeit musste ich eh auch meine Bewerbungsunterlagen mal in eine bessere Form bringen. Außerdem denke ich jetzt gerade, da ich frisch eine Brille bekommen habe, meine Presse- und Bewerbungsfotos alle neu zu machen. Und es wäre auch ein guter Zeitpunkt eine neue Kurzbiographie und einen Pressetext zu schreiben. Uff. Pressetexte sind so seltsam über sich selbst zu schreiben. Irgendwie muss mensch sich und seinen Skill beschreiben, aber auch bewerben, dabei aber auch authentisch sein, aber immer noch irgendwie bescheiden klingen, weil wenn ich zu dick auftrage, dann ist das ja auch unangenehm und ja, der eigene Blick auf sich selbst ist ja dann auch oft ganz schön von diversen Zweifeln geprägt oder noch nicht erreichten Zielen und die sollten ja nicht in den Pressetext, weil das wieder keine gute Werbung ist und .... Gott, es wäre richtig toll, wenn es jemand anderes machen würde.

Nicht, weil ich faul wäre und es zu viel ist. Und bei aller Liebe zu einem Mindset, das Lernen in den Fokus stellt: Manchmal ist es eine gute Idee, sich Expertise einzukaufen oder mit in das eigene Team zu holen. Denn wenn wir unsere Ziele, die manchmal auch einen Timer anheften haben, wirklich erreichen wollen, kann es sein, dass wir jetzt gerade eben nicht die Fertigkeiten und Skills haben. Das ist sogar sehr wahrscheinlich, weil wer kann schon alles selbst? Und wenn jemand alles selbst kann, ist es trotzdem unwahrscheinlich, dass diese Person es ganz alleine und ohne Hilfe und ohne Einfluss und ohne Impulse gelernt hat. Also holen wir uns nicht nur Hilfe zur Seite, um etwas abzugeben, sondern im besten Fall auch um zu lernen und zu verstehen, was da los ist. In gewisserweise fahren wir im Windschatten von jemandem, der in diesem Bereich schon vor uns ist.

Leider ist in einigen Kreisen um Hilfe fragen verpöhnt und mit Scham behaftet. Weil es Leute als Schwäche interpretieren, was ich für vollkommenen Quatsch halte. Wer um Hilfe bitten kann hat eine Stärke erworben. Vermutlich sogar mehrere. Nämlich die Stärke, die eigenen Fertigkeiten einschätzen zu können und eine groben Überblick über die eigenen Grenzen zu haben. Es ist gut zu wissen, wieviel mensch selbst heben kann, um sich selbst vor Verletzungen schützen zu können, die dann unseren Fortschritt noch viel mehr beschädigen. Und wer übt um Hilfe zu bitten, übt damit auch immer sozial und in Verbindung zu sein. Helfen zu dürfen ist nicht selten ein ganz wichtiger Punkt in Verbindungen, denn die jenigen von uns die gerne sozial und verknüpft sein wollen, sehen darin ihre Chance jemandem etwas gutes zu tun. Lieben wir.

Wenn wir um Hilfe bitten, sollten wir uns trotzdem ein wenig Gedanken darum machen, in welchem Verhältnis wir aktuell zu der Person stehen. Denn eine*n Freund*in fragen wir anders, als eine*n Kolleg*in oder eine uns neue Person. Und auch dann spielt eine Rolle, ob wir nach einer Meinung, einer Einschätzung, einem Rat oder Zeit in deren erlernter Tätigkeit fragen. Denn dann kann es auch fair und wichtig sein darüber zu sprechen, wie der Einsatz ausgeglichen werden kann. Mit der Person, die mir bei meiner Bewerbung geholfen hat, habe ich einen Tausch gemacht. Für ihre Arbeitsstunden als Bewerbungstrainer*in, habe ich Stunden als Künstler*innen-Coach getauscht. Das haben wir besprochen und empfanden wir Beide als fair. Als mich eine Künstler*in angesprochen hat ob ich ihr Buch gegenlesen kann als unbekannte Person und ich wusste, dass sie mich nicht bezahlen konnte, war die Bezahlung für mich, dass sie mir die Chance gegeben hat, das Lektorat mal auszuprobieren. Denn das hatte ich noch nicht gemacht und es war ein guter Lernanlass für mich. Habe ich aber auch nur vorgeschlagen, weil ich auch wusste, dass ihr Buch auch noch zusätzlich professionell lektoriert wurde. Okay, vielleicht war ich da auch eher Testleser.

So oder so, es gibt sehr verschiedene Wege und auch Zeitpunkte im Leben, an denen sich mensch anschauen muss, was sich gut anfühlt. Manchmal braucht es keinen Lohn, keinen Ausgleich für die Hilfe. Manchmal ist Helfen dürfen die Belohnung. Eine Freundin war vor kurzem froh, dass ich mal um Hilfe gebeten habe, weil sie dachte, dass ich immer nur was für sie tue und sie nie was für mich. Das erlebe und denke ich anders, aber für sie war es eben befreiend mir ein Problem abnehmen zu dürfen.

Also keine Angst. Der Mensch ist ein Wesen der Gemeinschaft. Still und heimlich helfen wir uns alle jeden Tag, sogar Leute sich gegenseitig, die sich nicht mal sehen und kennen. Denn der Strom der aus der Steckdose kommt wird von Leuten mitproduziert, die ich nicht sehen kann, aber ich kann und darf trotzdem damit etwas machen. Und mit diesem Strom benutzen dann wieder andere Geräte um Kleidung und Essen und - Ich muss jetzt nicht den ganzen Kreislauf beschreiben, ihr versteht den Punkt. Wir sind am Ende ein großes Team. Denn es ist oft wirklich richtig toll, wenn es jemand anders macht.

Kommentare

  1. Mella7.3.24

    Das war ein richtig guter Tausch, den ich jederzeit wieder so machen würde. :) Gerade bin ich dabei, Be-/Werbung-Hilfe gegen Buchhaltungs-Expertise zu tauschen, was mir richtig doll keinen Spaß macht. ;) Richtig toll, wenn das jemand anderes macht. 💜

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