Gute Teams

Nachdem ich mich mit jemandem darüber unterhalte, wie lebhaft ich das Ensemble an der Oper - bei der wir mitwirken - erlebe; darüber rede wie gut ich den spürbaren Zusammenhalt finde, den ich dort sehe und erfahre, denke ich weiter über Teams und Gruppen und Gemeinschaften nach. Auch meine Begleitung in diesem Gespräch teilt Erfahrungen von Menschen, die ihre Vorlieben und Vorurteile zueinander zur Seite legen konnten und erkennbar in die selbe Richtung arbeiten konnten. Die Promo der Wrestler Tully Blanchard und Arn Anderson kommt mir dann in den Kopf:

"Did you ever look up what a team is? It's two or more individuals, pulling for the same thing!"

Und dann ist es Samstag Nachmittag bis Abend, wir haben unsere Veranstaltung, unseren Poetry Slam in Essen und ich trage diese Gedanken mit mir rum und frage mich, wann ein Team ein gutes Team ist? Schnell denke ich daran, dass ein gutes Team sich mag, aber dann sehe ich Orte an denen Teams ganz gut waren, aber eben sich nicht mal besonders mochten. Ich denke, dass die Stimmung gut sein muss im Team. aber ich merke, dass diese Gedanken nicht gut bei mir landen. Weil ich dann denke, dass ich lieber in einem Team bin, in dem nicht die Stimmung immer gut sein muss, sondern ein Umgang damit gefunden wird zusammen, wenn die Stimmung nicht gut ist. Ich denke darüber nach, ob ein Team gut ist, wenn es Erfolge hat. Im Sport zum Beispiel glauben wir ein Team wäre gut, weil sie viel gewinnen. Aber bedeutet es wirklich, dass das Team innerhalb sich selbst gut ist? Oder bedeutet es nur, dass sie den Sport ausreichend gut beherrschen um zu gewinnen?

Eine Weile hatte ich in einem Team, den Spitznamen "der Diktator" bekommen. Ein Spitzname, den ich damals witzig fand und jetzt vollkommen ablehne. Nicht, dass ich so genannt wurde, dafür gab es leider wohl passend und ausreichend Gründe. Aber ein "Diktator" ist eben das Gegenteil eines Teams. Es ist nicht was Arn Anderson gesagt hat, denn es ist dann ein Team, dass für nur für eine Person handeln würde, nicht für eine gemeinsame Sache. Das habe ich früher nicht gut erkannt, jetzt muss ich zwar immer wieder aufpassen nicht in alte Schemata zu verfallen, aber so handele ich nicht mehr. Eine Beschädigung im Selbstwert habe ich versucht über das Team auszutragen in dem ich da noch dachte ich könnte Wertigkeit erfahren, wenn ich recht habe, Diskussionen gewinne und mich durchsetze. Ich dachte damals, dass ich diese Teamsache schon sehr gut mache, habe aber keine gute Wahrnehmung auf mich gehabt. Mein Handeln im Team war nicht für die selbe Sache, sondern für meine eigene Sache.

Und wie so oft geht es wohl darum: Es ist nicht die Beschaffenheit oder der Zustand eines Teams, sondern das Handeln. Ich komme zu dem Gedanken, dass es ein "gutes Team" gar nicht gibt. Es gibt Teams, die ihre Ziele erreichen. Es gibt Teams, die zusammen Spaß haben. Es gibt Teams, die eine interessante Ausstrahlung haben. Aber die sind nicht in ihrer Beschaffenheit in sich gut. "Gut" ist ja eine Bewertung, die ganz doll von den angelegeten Maßstäben abhängt. Zu mal wir wenn wir von Außen draufschauen manchmal gar nicht die Realität sehen, sondern eine Mischung aus Vorurteil, Potential und unserer Projektion.
Nicht das Team muss gut sein, sondern die Menschen im Team sollten sich darum bemühen eben gut darin zu sein, Teil eines Teams zu sein. Und das kommt mit einer Auswahl an Handlungen daher. Das kann für verschiedene Menschen verschiedene Dinge bedeuten. Aber es sind eben oft Handlungen. Dass mit mir jemand auf der Sachebene bei unterschiedlicher Meinung inhaltlich diskutieren kann ist wertvoll, genauso wie wenn mir jemand vor einer wichtigen Aufgabe noch mal eine Ermutigung in Form einer Umarmung oder anderem Zuspruch gibt. Dass ich mich darin übe mehr Räume zu schaffen und besser zu zuhören ist wichtig, genauso wie wenn jemand darauf schaut, dass Erfolge auch gefeiert und festgehalten werden. Für manche ist auch das gute Handeln im Team, immer da und verfügbar zu sein. Zu versuchen allen Fragen zu stellen und alle gehört zu machen. Viele Ansichten zu verstehen. Es gibt eine Menge möglicher Handlungen und das Gute ist, die können wir üben.

Als der zuvor erwähnte Slam stattfindet und weiterläuft, sehe ich, mit meiner gedanklichen Lupe genau auf die Handlungen in einem Team gerichtet, ganz viele Momente in denen jemand etwas beiträgt und gut tut. Ich erkenne sogar die Wirkung von der Arbeit von Menschen, die an diesem Tag nicht anwesend sind und bin dankbar dafür, weil ich sehe, wie sie ihre Energie ins Team gegeben haben. "Pulling for the same thing". Ich erkenne Momente, wo jemand besser geeignet für eine Situation ist als ich, aufgrund der möglichen Handlungen die dieser Mensch sicher beherrscht, ich sehe aber auch Handlungen in denen ich selbst besser werden möchte. In manchen Momenten sehe ich auch Dinge, die noch keine*r in unserem Team besonders gut kann, die aber gut für uns sein könnten. Da müssen wir dann vielleicht zusammen üben. Und auch das ist wieder eine Handlung und Energie, die ins Team investiert wird.

Ich glaube also, es gibt keine guten Teams, aber es gibt Menschen die gut darin sind, innerhalb eines Teams zu handeln und ich glaube wenn wir versuchen so zu sein, erhöht das die Chance, dass wir Erfolge mit unseren Zielen haben können. Wenn wir glauben wir selbst wären darin schon gut, kann es ein guter Moment sein die eigenen Teams zu fragen, was sie sich wünschen und welche Handlungen wohl noch im Team gebraucht werden könnten. Wenn wir glauben wir sind nicht gut darin, können wir uns fragen, wie wir gerne innerhalb eines Teams wären und handeln würden, um so herauszufinden, was wir üben könnten. Wenn wir jemanden sehen, wer schon macht, was wir gerne können würden, dann können wir fragen wie diese Person das macht und um Hilfe bitten. Denn das ist auch eine nützliche Fertigkeit innerhalb eines Teams.

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