Die Währungen des Publikums
Ich denke weiter über Publikum nach. Was bedeutet es für Kunst? In welchem Verhätnis steht es zu Kunst und zu Künstler*innen? Ich forsche und suche, denn oft ist das Publikum gar nicht gut erforscht von Künstler*innen. Als ich noch einen Podcast mit O-Tönen von Poetry Slams gemacht habe und dafür auch Zuschauende angesprochen habe, war auch ich als Künstler immer wieder überrascht, was für Antworten ich auf Fragen bekommen habe. Meine Vorurteile waren häufig falsch. Wo ich allerdings recht sicher bin, weil ich mich damit im Rahmen des -gespielten- Wettbewerbs im Publikum beschäftigt habe, ist eigentlich welche Arten von Währung Publikum zahlen kann für Kunst. Denn da gibt es verschiedene Möglichkeiten.
Was meine ich, wenn ich Währung sage? Ich meine natürlich keine regional gebundene Werteinheit. Ich meine konkrete und abstrakte Ressourcen, die Publikum in Künstler*innen investieren kann und diesen dann zur Verfügung stehen oder nutzen kann. Ähnlich wie das Geld in meiner Tasche eben mir bestimmt Handlungen erlaubt, die Zeit die mir am Tag zur Verfügung steht aber eben auch. Also, was zahlt Publikum ein, wenn es unserer Kunst begegnet?
Geld
Den offensichtlichsten Punkt nehmen wir mal vorne weg. Eintritt, Tickets, Merch, Auftragsarbeiten und alles andere, was mensch sich ausdenken kann, wofür Geld gezahlt werden kann. Ein Publikum kann sich dazu bereit erklären, das eigene verdiente Geld zu investieren. Werte sind dabei immer schwer zu diskutieren, denn manchmal kostet ein Ticket fürs Museum mehr, als das einzelne Bild einer malenden Person. Das Festivalticket ist günstiger als eine Tailor Swift zu sehen. Aber dafür gibt es eben Gründe und dafür gibt es eben die Menschen zu finden, die bereit sind für das Erlebnis mit der Kunst diesen Betrag abzugeben. Und je nach Erlebnis kann das eben sehr gerechtfertigt sein. Wichtig daran ist, dass Preise aber auch immer Gruppen als Publikum ausschließen können. Denn nicht jede*r kann sich alles leisten. Ein wichtiger Punkt der beobachtet werden kann, wenn entschieden wird, wer das eigene Publikum sein soll.
Follows
Es ist ein eigenes System für sich geworden. Aber heutzutage sind Follower*innen auf Platformen ein wichtiger Marker. Auf der einen Seite ist es Sichtbarkeit für die Person oder die Kunst, aber auf der anderen Seite stellen die Menschen auch einen Teil ihrer Zeit zur Verfügung. Denn wenn ich dir folge, egal auf welcher Platform, sehe ich auch wenn deine Inhalte hochgeladen werden. Das erhöht die Chance, dass ich drauf schaue, darauf reagiere, zu deiner Show komme. Und wenn auch diese Follows eben vorallem in den digitalen Sphären eine Rolle spielen, haben sie eben schon auch einen Wert und eine Relevanz. Wer das mit seiner Kunst oder seinem Content möchte, kann also auch darauf abzielen, diese Währung vom Publikum einzufahren.
Kommentare
Ein zweischneidiges Schwert, das in ganz vielen Formen auftreten kann. Es kann die Ansprache nach einem Auftritt sein, es kann ein Kommentar in den sozialen Medien sein, es kann ein Feedback von Kolleg*innen sein, die vielleicht einen Moment lang auch unser Publikum waren. Was es immer ganz sicher ist, Energie die in uns investiert wird. Und auch wenn das manchmal schwer zu glauben ist, wer sich über unsere Kunst beschwert, hätte sich ja möglicherweise bessere Kunst von uns und für sich gewünscht. In dem Moment wo die Person aber mit uns in Kontakt tritt, will sie in gewisserweise, dass sich etwas entwickelt. Das ist manchmal schwer zu glauben, besonders wenn Kritiken sich vernichtend lesen, aber am Ende ist auch das eine Person, die Energie in uns investiert. Und Energie als Währung ist eine guter Antrieb um weiter zu machen. Wir müssen uns nur entscheiden ob wir diese Person als Publikum dann halten oder vielleicht auch gerne verlieren wollen.
Applaus/Lachen/Berührung
Das emotionale Kapital, wenn mensch so will. Und es verfliegt so schnell, aber das tolle daran ist, es kann eigentlich nur echt sein. Und wenn jemand uns zum Gefallen etwas performt als Gefühl in Reaktion auf unsere Kunst, was nicht stimmt, dann ist das mehr deren als unser Problem. Weil wer für Scheiße klatscht und es auch Scheiße findet, unterstützt eben Scheiße und nicht das sich was ändert. Aber Klatschen, Lachen, Weinen, Schluchzen, Seufzen. Luft anhalten, Staunen, das sind zu tiefst spontane Zeichen der Berührung und emotionaler Verbindung zu unserer Kunst. Und da wir eine Verbindung zu unserer Kunst hatten, deshalb haben wir sie ja gemacht, kann das viel bedeuten, wenn es dann auch beim Treffen auf Publikum etwas auslöst. Manche Kunst braucht sogar genau das, um erfolgreich zu sein.
Zeit
Einige der bereitserwähnten Währungen beinhalten in gewisserweise immer Zeit. Aber Zeit ist eben auch allgegenwärtig, wie sollte es also auch nicht. Trotzdem lohnt es sich sie gesondert zu erwähnen. Weil die Menschen, die sich die Zeit nehmen unsere Werke anzuschauen, in einer Ausstellung, im Internet, in unseren Büchern, die entscheiden sich für uns und sie vertrauen uns die Zeit an. Und wenn die Gerüchte und Redensarten stimmen, dann ist das eine unschätzbar wertvolle Ressource. Zu mal sie auch niemals zurückkehrt. Deshalb lohnt es sich bei anderen und uns selbst respektvoll damit umzugehen. Nicht zwingend ängstlich, denn sie kommt nicht zurück, aber es kommt halt doch schon immer etwas nach an Zeit. Aber, Menschen die eben in ihrem Leben die Zeit finden für unsere Kunst, haben eine Entscheidung für uns getroffen. Und auch diese ist ernst zu nehmen.
Empfehlungen
Menschen reden gerne mit Menschen. Und wenn uns etwas gefallen hat, dann empfehlen wir das gerne. Auch, weil eine gute Empfehlung die dann auch anderen gefällt auch uns selbst gut aussehen lässt. Aber Empfehlungen gibt es manchmal auch, wenn wir für potentielle Projekte und Jobs empfohlen werden. Auch da ist es wieder eine Entscheidung von Publikum zu sagen, dass sie in uns Potential sehen, auch weiterem Publikum und in anderen Kontexten gefallen oder Wirkung haben zu können. Eine gute Sache.
Ich denke und forsche noch weiter daran rum, sicher gibt es noch weitere Währungen. Aber diese habe ich für mich sicher. Aber warum diese Sammlung? Manchmal ist Mensch verunsichtert, ob die eigene Kunst etwas erreicht oder einen Wert hat. Die Frage ist dann manchmal, was zurück kommt, wenn mensch etwas da raus schickt. Dann kann es gut sein dafür offen zu sein, mehreres zu sehen und schätzen zu lernen.
In einem Interview hat Tyler the Creator erzählt, dass er einen jetzt sehr erfolgreichen anderen Künstler auf Youtube entdeckt hat und das Video was er gesehen hat unter 500 Views hatte. Aber Tyler hat das Potential gesehen und den Artist gepusht. "You never know who watches" sagt er um Werbung zu machen, alles hoch zu laden und zu teilen, egal wieviele Likes es bekommt und wieviele Follower*innen mensch hat. Es kann eben sein, dass eine Person Publikum, die dafür sehr engagiert empfiehlt, mehr wert ist, als 200 Personen vor der Bühne, die keinen einzelnen Fick geben für das was du tust. Und vielleicht ist eben jede investierte Währung in unsere Kunst wertvoll für uns. Wir müssen sie nur auch erkennen.
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