Die eigene Geschichte

Wenn wir über unser Leben reden, machen wir daraus eine Geschichte, weil das in unserer Natur liegt. Solange der Mensch die Gelegenheit hatte, war es ein Anliegen die eigene Geschichte zu erzählen. Und Geschichten zu hören. Sie sichern das Wissen, sie erlauben uns zu erkennen wer ähnliches erlebt hat oder Erfahrungen gemacht hat, die uns helfen können uns selbst zu bewältigen. 

Unsere eigene Geschichte kennen zu lernen, bedeutet damit auch uns selbst besser zu verstehen. Unsere eigene Geschichte fängt aber schon vor uns an. Denn was Vorfahr*innen tun und erreichen, wohin sie umziehen, wo sie herkommen, das macht etwas mit uns. Das hat selbst Wirkung auf uns, wenn wir sie nicht kennengelernt haben. Das geht soweit, dass es zum Beispiel Forschung und Thesen zu "generationallem Trauma" gibt, wo wir eine Verletzung spüren, die wir selbst nie erfahren haben. Da beschreiben Menschen dann ganze Erinnerungen die sie in sich finden, die nicht ihre eigenen sind, aber sich mit Nachforschung in der Familie finden lassen. Dass für sich selbst zu untersuchen, kann entscheidene Erkenntnisse über das eigene Leben bringen. 

Sich selbst zu erkennen, erlaubt Verantwortung für sich zu übernehmen. In einer Welt und Umwelt, die gerne all unsere Aufmerksamkeit für sich möchte und uns mit massiven Reizen lockt, kann es schwer sein da raus zu kommen, nur zu reagieren. Es kann schwer sein sich selbst überhaupt zu zuhören, weil so viele andere Stimmen sich versuchen einzumischen. Daher lohnt es sich, oft mit sich zu reden. Oft die eigene Geschichte neu und anders zu erzählen. Das kann helfen heraus zu finden, was der rote Faden aller unserer Versionen unserer Geschichte ist. 

Wenn Joseph Campbell recht hat, haben alle guten Geschichten sowieso die gleichen Akteur*innen in Form von Helden und Mentor*innen und großen Schatten und Herold*innen und Prüfungen unserer Fertigkeiten. Egal ob er recht hat oder nicht, die Suche in unserer Geschichte erlaubt uns "Purpose" zu finden. Ein Wort, dessen deutsche Übersetzung mit "Sinn" oder "Zweck" mich nicht zufrieden stellt. Und "Bestimmung" wirkt mir zu sehr, als käme er von Außen. Purpose liegt im Inneren. 

Unsere eigene Geschichte wird immer auch in Anteilen in jeder anderen Geschichte liegen, die wir erzählen. Weil unsere Geschichte der Stamm ist, von dem alle unsere Erzählungen und Handlungen abzweigen. Und unsere Handlungen werden irgendwann zu Geschichten, einfach weil sie hinter uns liegen. 

Wenn wir uns in unserer eigenen Geschichte gut auskennen, kann sie niemand anders verfälschen, ohne, dass wir es merken. Wir können uns schützen vor den Erzählungen anderer, die versuchen wollen uns zu verändern. Oder zu verändern wie wir uns selbst sehen. Denn jedes Mal wenn wir unsere Geschichte erzählen, hören wir uns auch selbst zu. Weshalb wir wahrhaftig und fair bleiben müssen. Denn wir glauben uns auch selbst oder fangen an und zu zweifeln, wenn wir merken, dass wir uns belügen und schlecht über uns reden. 

Die eigene Geschichte darf erzählt werden. Und es ist gut, wenn sie gehört wird. Wenn du gehört wirst. 

Kommentare

Vielleicht auch spannend: