Tools: Vokabelkasten

Vokabeln zu lernen gehört zu jedem relevanten Spracherwerb dazu. Natürlich ist die Grammatik auch wichtig, aber als der zu tiefst logische Prozess, der Sprache nun mal ist, brauchen wir die Grammatik als Formelsammlung, welche aber nutzlos ist, wenn wir nichts einsetzen können. Und da braucht es in der Mathematik Ziffern und Zahlen und in der Sprache eben Vokabeln.

Wenn wir unser Handwerk lernen wollen, dann gibt es auch verschiedene Bauteile. Entweder bestimmte Übungen und Techniken, oder aber eben auch bestimmte Begriffe wie zum Beispiel rhetorische Figuren. Diese zu kennen, benennen zu können und zu verstehen kann uns oft erlauben ein gutes und hohes Niveau in unserem Handwerk zu finden.

Wissenserwerb und Wissenssicherung sind aber mit einem menschlichen Gehirn gar nicht mal so einfach. Das Gedächtnis überschätzen wir häufig und manchmal leider auch unsere Fertigkeiten. Das zeigen zum Beispiel der Mandela-Effekt, aber auch der Dunning-Kruger-Effekt. Aber an beidem lässt sich arbeiten. Denn wir können sowohl unser Gedächtnis trainieren, als auch kompetenter werden. Und ein altes Tool aus der Schule dafür anzupassen kann dafür gut funktionieren.

Ich mag vorweg sagen, dass die Methode entweder Ausdauer und Konstanz braucht, aber diese Eigenschaften auch sehr gut antrainieren kann. Je nachdem was für ein Lerntyp ihr als Person seid, kann es sein, dass die Methode für euch nicht gut funktioniert, aber ihr könnt sie für euch anpassen.

Der Vokabelkasten aus der Überschrift könnte euch ja bereits aus der Schule bekannt sein, falls ihr nicht mit einem Vokabelheft gearbeitet habt. Aber um hier sorgfältig zu sein, beschreibe ich die Methode nochmal ausführlicher. Zu mal auch bei vielen Lehrkräften selbst die Sorgfalt dahinter etwas geringer war und vielleicht nicht alle Vorteile der Methode ausgespielt wurden.

Bei einem Vokabelkasten hat Mensch eine kleine Kiste in der auf kleinen Kärtchen Vokabeln notiert werden. Auf der einen Seite für gewöhnlich in der zu lernenenden Fremdsprache, ergänzt um ein paar kleinere grammatikalische Anmerkungen. Auf der anderen Seite dann die Wortbedeutung und Erklärung in der eigenen Muttersprache. Diese Karten werden regelmäßig genutzt, um die Wörter zu lernen. Dafür werden optimalerweise
- die Karten handschriftlich geschrieben
- die Karten gelesen
- sich selbst laut aufgesagt
. sie gelegentlich von einer weiteren Person abgefragt
- die Karten fortlaufend um neue Vokabeln ergänzt
- der Vorgang immer wieder wiederholt
Diese Aspekte der Durchführung sind deshalb wichtig, weil sie unterschiedliche mögliche Handlungen ansteuern, welche uns beim Lernen helfen können. Denn wann und wie wir besonders gut lernen, ist sehr verschieden bei allen einzelnen Personen und kann sich sogar im Laufe des Lebens und gemessen am Inhalt verändern. Aber eine Bewegung zu machen, etwas lesen, etwas auszusprechen, etwas zu hören, das deckt schon einige bekannte Arten des Wissenserwerbs ab. Und natürlich oben drauf ein besonders wichtiger Aspekt: Die Wiederholung. Die ist halt ein wichtiger Aspekt für unser Gedächtnis.

Was mir in der Schule leider nicht erklärt wurde, aber dafür von einem guten Freund, ist eine kleine weitere Ergänzung des Vokabelkastens, um ihn effektiver zu machen. Denn wenn ich jetzt alle Karten habe und jedes mal alles durcharbeite, dann wird zum einen die Zeit die ich am Kasten sitze immer länger, was das Risiko erhöht, dass ich mich seltener dran setze, obwohl ich es täglich machen sollte. Zum anderen bekomme ich möglicherweise kein Gefühl von Erfolg, wenn ich sogar Vokabeln die ich sicher beherrsche wirklich jeden Tag bearbeiten muss. Das ist dann auch nicht mehr zielführend. Aber ein Freund hat mir dann einen zusätzliches System beigebracht.

Für sein Studium der japanischen Sprache hat er in seinem Vokabelkasten verschiedene Bereiche gehabt. Täglich, Wöchentlich, Monatlich, Quartal, Jahr. In dieser Reihenfolge. Die Idee dahinter ist simpel und wirkt wie eine Gamification des Lernens. Jeden Tag hat er sich Zeit für seine Vokabeln genommen. Er hat die aus dem Schieber "Täglich" genommen und jede Vokabel die er korrekt erfasst hat, ist in das Feld für "Wöchentlich" aufgestiegen. An einem Tag in der Woche, hat er vor den Tagesvokabeln die Wochenvokabeln mit geprüft. Was er beherrscht hat, ist aufgestiegen. Was er nicht wusste ist wieder abgestiegen zu den "Tagesvokabeln". Seinen Monatstest hat er an einem anderen Tag ein Mal im Monat gemacht, an dem er nicht den Wochentest gemacht hat. Weshalb? Um nicht eine seiner Übungsrunden zeitlich zu sehr zu überladen. Mit diesem System konnte er aber seine Erfolge überprüfen und hat auch Wirkung in seinem Lernen gesehen. Natürlich reichte ihm auch der Vokabelkasten nicht alleine zum Lernerfolg, aber über die Jahren die ich ihn kennen konnte hat er mit zunehmender Selbstsicherheit Bücher auf japanisch gelesen, Anime im Originalton und - ja - er schien mir schon recht erfolgreich mit seiner Methode.

Die Anpassung für uns selbst von so einem Tool kann vielfältig sein. Und ich ermutige euch: Seid experimentierfreudig. Denn so etwas eins zu eins umzusetzen ist natürlich nicht immer möglich. Sprachliche Vokabeln und z.B. künstlerische Techniken haben eben andere übergeordnete Systeme. Aber wie könnten wir das jetzt zum Beispiel anpassen?

Gehen wir mal davon aus, dass wir uns in unserer Sprache gut oder besser auskennen wollen, weil wir selbst Schreiben, viel auf Bühnen reden und auch in anderen sprachlichen Kontexten arbeiten. Dann würde sich eine Liste aller rhetorischen Figuren auch in Vokabelkarten umwandeln lassen. Diese könnten wir sehr ähnlich täglich durchlesen und bearbeiten und erlernen, wie andere sprachliche Vokabeln auch. Finden wir eine sprachliche Figur besonders spannend, können wir als Übung Beispieltexte oder Sätze mit ihr schreiben. So, wie wir ein neues Wort auch versuchen würden vielleicht in einem Satz anzuwenden oder Beispiele dafür zu finden, wie das Wort verwendet wird, so wie sie auch in jedem Wörterbuch mitgegeben werden.

Wir können uns aber auch überlegen, wie wir Methoden oder Techniken damit üben können. Dann geht es weniger um den unmittelbaren Lernerfolg und dessen Überprüfbarkeit, aber wir schaffen uns vielleicht ein gutes Tool, dass uns zum zufallsbasierten Lernen bringen kann. Wenn wir zum Beispiel malen oder Zeichnen, könnten bestimmte Objekte oder Techniken auf den Karten stehen. Wann immer wir mit dem Ergebnis zufrieden sind, rücken sie auf in die nächsthöhere Kategorie. Solange wir noch nicht zufrieden sind, bleiben sie wo sie sind. Aber wenn wir eine Karte ziehen, die sagt "Zeichne eine Hand", dann machen wir das. So schaffen wir uns eine Rotation von Übungen, welche wir machen können, wenn wir zum Beispiel Lust haben Kunst zu machen, aber keine Idee haben.
Für Schreibende Menschen könnte so eine Sammlung auch Themen oder Textarten beinhalten. So können wir uns aus unserer Komfortzone heraus bewegen mit Hilfe von etwas Zufall, aber auch unser Handwerk immer weiter entwickeln.

Vielleicht passt dann "täglich" vielleicht nicht mehr in unseren Turnus, aber vielleicht motiviert uns genau das auch, eine Fünf-Minuten-Übung jeden Tag zu haben. Eben weil wir unsere Aktivitäten pro Karte in kleine Portionen verwerten können. Das Tolle ist nämlich in jeder Aktivität, dass wenn du etwas jeden Tag oder regelmäßig machst, auch wenn es immer das selbe sein sollte, du trotzdem besser wirst und etwas lernst.

Wie könntest du denn Vokabelkasten für dich anpassen? Was sind deine Ideen? Wenn du eine gute andere Methode kennst, schreib mir gerne einen Kommentar oder eine Mail. Ich bin sehr gespannt.

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