11:12 Uhr

Wenn die erste Frage ist, was ich über das Kunstmachen schreiben kann, dann ist das manchmal hilfreich, aber im Moment leider oft auch nicht. Denn wenn ich über das Kunstmachen schreibe, bin ich mir manchmal nicht sicher, ob ich dann gerade selbst Kunst mache, oder dabei eher ein Journalist bin. Was wiederum mal in der Vergangenheit mein Berufswunsch war. Und natürlich frage ich mich auch, ob sich das zwnagläufig widersprechen muss?

Genauso wie sich nicht widersprechen muss, wenn wir über Kunst reden wollen, auch über Inhalte und Ideen zu sprechen, die uns berührt haben. So habe ich in den letzten Beiden Tagen einen Podcast von Neil Pasricha gehört, in dem er Alok Vaid-Menon interviewt. Es ist in seiner Reihe "Three Books" wo Menschen ihre liebsten drei Bücher vorstellen und darüber sprechen. Aber Neil Pasricha ist auch sehr gut darin, über die Themen und Geschichten der Menschen zu sprechen, die zu Gast sind. Und so lässt mich der Gedanke nicht los, wie Alok in all den klugen Sachen die them erzählt, erklärt, dass Queerness für die Gesellschaft immer dann eine Gefahr darstellt, wo sie eine Wahlmöglichtkeit aufzeigt. "Queer stands for choice" sagt Alok und erklärt dann, dass Queerness immer dann gefeiert wurde, wenn es gut Zeiten für Freiheit und Wahlmöglichkeiten in den Leben der Menschen war, aber wenn strukturelle Mächte die Allgemeinheit eingegrenzt brauchten in ihren Möglichkeiten, wurde auch Queerness kriminalisiert. Wo wir da bei uns gerade in dem Prozess stehen, könnt ihr euch selbst fragen.

Mein Outing als politischer Anarchist kam deutlich früher als mein Outing als queere Person. Hallo, ich bin Jay, ich bin demisexuell. Fragt wenn ihr dazu etwas fragen wollt, ich werde es jetzt hier gerade nicht erklären in meinem Fluss von Gedanken. Was Anarchie und Queerness gemeinsam haben, ist dass sie beide die Aufgabe von Labeln und Machtstrukturen für Menschen fordern. Der Fokus sollte auf eine bewusste Wahrnehmung des Selbst und der Umgebung gehen. Entscheidungen sollten in Wahrnehmung der aktuellen Realität und Umwelt getroffen werden, nicht im Sinne von Regeln die vorher festsetzen, was sie später gar nicht genau erfassen können. Soll bedeuten: Ein Gesetz von 19XY kann einfach nicht abbilden und gut treffen, was 20YZ die Realität der Menschen ist. Trotz aller Ähnlichkeiten, das Rad der Zeit hat sich weitergedreht.

Was hat das alles mit Kunst zu tun? Hat es was mit Kunst zu tun? Kunst entsteht, wie alle anderen Handlungen auch, eben auch aus unserer Seele und damit zwangsläufig aus allen Fragmenten unserer Identität. Meine Identität ist queer und ich bin froh, dass ich mit Hilfe von anderen Menschen und guten Impulsen das zum einen erkennen durfte, aber auch recht geschützt leben darf. Es ist ein Haufen Arbeit, es hängt Trauma daran, einiges selbstzugefügt, manches durch Gesellschaft. Kunst hat die Chance, die Sprache der Menschen zu verändern, wie ich vor kurzem geschrieben habe, verändert unsere Sprache unser Denken. Wenn ich also mit meiner Kunst auch Teil einer Verschiebung der Sprache sein kann, dann biete ich eine Wahl an. Eine noch nicht dagewesene Option, wie du deine Sprache anwenden kannst. So, wie es als Anarchist und queere Person mein Wunsch und Ziel ist. Unterdrückungsfreie Wahlmöglichkeiten zur Auslebung des eigenen Selbst in allen Anteilen.

Ich bin dankbar, dass Menschen wie Alok ebenfalls Kunst machen, die diese Denken voran bringen. Denn unsere Sprache wird für immer fehlerhaft sein. Alok sagt auch, dass wir sie vielleicht immer als einen Draft sehen sollten, für die nächste bessere Version, deren Lektorat die immer neuen Generationen Menschen vornehmen, die teilweise eben Wörter brauchen, die es vorher nicht gab.

Es ist 11:12 Uhr. Ich sitze an meinem Computer, ich weiß nicht worüber ich für den Blog schreiben soll. Ich bin nicht sicher, was Kunst ist und erinnere mich an Heidi Zukermann, die sagte: "It's Art if the Artist tells you so." Also entschließe ich, dass das für heute vielleicht meine Kunst ist. Wenn auch sie roh und unsauber aus dem Stein geschlagen kommt. Aber genauso habe ich es als Arbeiter*innen-Kind vielleicht in meine Natur gelegt bekommen. Aber vielleicht ist das auch nur ein pathethischer Blick auf meine Biografie.

Ich beschließe ein Ende zu finden mit dem Beitrag. Ich lasse ihn los. Mal sehen, was er da draußen dann so erleben darf.

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