Die Überschrift darf nicht wieder eine Uhrzeit sein

Betäubung oder Belohnung. Ablenkung und Verhinderung oder brauche ich die Küche aufgeräumt, um zu können. Brauche ich das gute Gefühl um anfangen zu können oder muss ich anfangen um mich fühlen zu können. Das Gute wirkt mir als Motivation eh überschätzt. Alle Oberflächen sind inzwischen so stumpf vom Kunststoff, dass ich nicht mehr unterscheiden kann ob ich Handschuhe oder die Welt einen Schutzschirm gegen mich hat. Während mein Computer vor mir steht, mit Tasten aus Kunststoff in der Tastatur, greife ich zu jedem anderen Mittel auf meinem Schreibtisch. Ein Buch liegt offen mit Stiften zum Markieren, meine Zeichensachen habe ich in Ungeduld beim Hochfahren des Computers zur Hand genommen, um das Hochfahren meines Kopfes vielleicht zu fördern. In Wahrheit halte ich mich gerade nicht aus. Das wohnt aber hinter der Kirmes die meine Seele erlernt hat hochzufahren, damit ich nicht ungeschützt den Schmerz berühren kann.

Der Schmerz, dass ich gerne einen Erfolg erzwingen wollen würde. Inzwischen weiß ich genug über die Welt, dass es eben auch Dinge gibt, die wir nicht erklären können. Dass die klügsten Leute zwar annähernde Worte, aber keinen gesicherten Weg dahin finden können. Zum Beispiel, wie eine Idee entsteht. Wüssten wir wirklich wie das geht, würde es vermutlich schon ein Computer für uns tun und wir uns weiter daran erfreuen, wie wir alles was Reize für uns beinhaltet abschaffen. Der Mensch wirkt, als wäre er seiner selbst etwas gelangweilt geworden. Dabei sind wir noch unerforschtes Land. Unser eigenes kleines Videospiel in dem jeden Tag die Karte neu gezeichnet wird, um den Wiederspielwert aufrecht zu halten. Selbst wenn wir jeden Tag das selbe tun, tun wir nie zweimal das selbe. Ein so einfacher Gedanke, dass es mich ein wenig wütend macht, dass er mich ein wenig fasziniert.

Jetzt sitze ich hier und wünschte ich könnte einfach mit einer Spitzhake an den Berg gehen, ein paar kluge Ideen und Gedanken aus dem Stein schlagen und damit sicher mir selbst einen Lohn geben. Das Echo eines mir persönlich unbekannten Mentors fliegt über meinen ausgedachten Berg. Es ruft: "Die Arbeit ist der Lohn." Und ich spüre wie ich dem sehr gerne recht geben möchte, wenn auch ich in Zukunft lieber das Wort Arbeit mit Werk ersetzen mag. Arbeit ist ein Wort, das wir für mich im Alltag inzwischen hingerichtet haben. Ich schaffe es nur durch mehrere Schichten Nebel und Pudding dem Wort gute Eigenschaften anzuheften. Mein Werk hingehen, dass klingt deutlich epischer, als ich mich gerade fühle.

Während ich den Müll runterbringe, die Spülmaschine aus- und wieder einräume, suche ich nach einer Idee. Es kommt mir so leider vor als Idee zu wählen über das Finden von Ideen zu schreiben. Aber dann blitzen mir die Worte ins Ohr, die ich auch immer denen gebe, die mich um Rat fragen: Hauptsache, du schreibst erstmal. Alles andere kann nachwachsen. Und da mag ich dran glauben, auch wenn der Tag heute sich wie der Biss in einen faulen Pfirsich durchlebt.

Der Stoizismus sagt unter anderem, dass es gut ist sich mit dem zu beschäftigen, was mensch auch wirklich beeinflussen kann. Und den ganzen restlichen Kosmos sich selbst und seinen Verantwortungen zu überlassen. Und ja, vielleicht ist meine Laune ein Spiegelbild der Wolkendecke gerade. Grau und gelegentlich läuft ein wenig Wasser über die Wangen. Aber ich kann in der großen Gesamtheit der empfundenen Nichtigkeit nur auf meine eigenen Oberschenkel hauen, "SO!", verkünden, aufstehen uns losgehen. Versuchen eine neue Sache heute zu sehen. Genau ein. Vielleicht taucht dann die Idee auf, die mir so sehnlichst fehlt. Die wie die große Liebe ist. Du wirst sie nicht finden, wenn du nicht offen bist sie zu sehen. Und du solltest die Augen und deine Seele offen haben, wenn sie vor dir steht. Und dafür kannst du etwas tun. Oder in diesem Fall ich.

Einige Minuten später, schaue ich auf einen angehäuften Stapel Buchstaben und Silben. Das Werk ist der Lohn. In Anlehnung an ein berühmtes Zitat eines Fussballers denke ich: "Vielleicht können wir hier heute nicht gewinnen, aber dann treten wir ihnen wenigstens die Blockaden* kaputt." Ich habe geschrieben. Und wer weiß, vielleicht würde ich hier drin sogar eine zufriedenstellende Idee oder einen Satz finden, wenn ich es dann nochmal bearbeite. "An ordeal can reveal an airfield" singen Enter Shikari, und wollen damit sagen, dass manchmal der Einsatz schon reicht und nicht alles von Anfang an mit Sinn und Grund ausgestattet sein muss. Weder Betäubung noch Belohnung. Anfangen. Suchen. Öffnen.



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*"Den Rasen" soll Rolf Rüssmann hier im Original gesagt haben.

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