Storytime: Auf der falschen Seite des Bildschirms

Lenkst du nach links, läuft deine Figur nach links. Lenkst du nach rechts, läuft deine Figur nach rechts. Wenn du "B" dabei gedrückt hältst, rennt die Figur. Auf "A" kannst du springen.

Seit vielen Jahren liegt mir der Satz im Kopf, dass ich auf der falschen Seite des Bildschirms geboren bin. Mit großer Freude spiele ich Videospiele und habe dort überraschend oft ein Gefühl von -ja- Heimat. Eine Sicherheit, eine Ruhe, einen Frieden. In einem Videospiel bekommst du eine klare Anzahl Handlungsmöglichkeiten um sehr eindeutige Ziele in einem festen Raum der Spielwelt zu lösen. Meine Realwelt in solche Kategorien zu sortieren und zu erfassen, gelingt mir nicht immer gut. Was vielleicht hilfreich wäre. Aber leider startet der Tag in der echten Welt nicht mit einer coolen Musik, einem "Let's Go!" und dann rennst du los und hast ein Abenteuer und deine Erfüllung. In einem Videospiel, da sind die Figuren unglaublich entschieden auf ihr Ziel. Super Mario muss nicht den Haushalt im Griff haben, während er Bowser bekämpft. Sonic sieht man keine Steuererklärung machen. Okay, das sieht man mich auch nicht wirklich.

Während ich denke, dass es einfach dort das klarere und einfachere Leben gibt, stelle ich aber vorallem fest, dass es gar nicht einfacher ist, sondern diese Figuren auch einfach richtig doll priviligiert sind. Denn alles was die nicht tun müssen, könnte ich auch dann haben, wenn ich reich wäre. Was ich - stand 26.08.23 - leider nicht bin. In Videospielen erkennen wir dieses Privileg aber nicht, weil uns zum einen keinen Realität angeboten werden soll und zum anderen die Figuren in "ihrer Welt" nicht zwangsläufig als priviligiert dargestellt werden.

Mein Eindruck ich wäre auf der anderen Seite des Bildschirms besser aufgehoben hat aber nicht nur mit meiner Sehnsucht nach einfacherem Leben oder klareren Systemen zu tun. Viele der Welten in den Videospielen vertreten eine Utopie, deren Bausteine ich nicht immer schaffe in meinem Leben nachzufühlen. Da sind Gruppen dann überraschend konfliktfrei und die Verbindung fürs gemeinsame Ziel reicht als Basis aller Freundschaft aus. Es gibt erst jetzt in erwachseneren Spielen die Behandlung von Trauma und ach - hier breche ich den Gedanken plötzlich ab.

Wrong Planet Syndrome. Das ist eine Beschreibung in der Psychologie für den Zustand zu fühlen und zu glauben, dass wir uns mit "unseren Leuten" mit Menschen nicht verbunden fühlen. Das kann phasenweise oder auch durchgängig sein. Ja, natürlich sehnen wir uns alle nach den fantastischen Möglichkeiten und Freiheiten der Videospiele. Es ist so ein einfacher Wunsch. Aber vorallem sehe ich bei mir am Ende doch wieder das Gefühl, dieser Welt hier leider nicht voll verbunden zu sein.

Ach, keine Ahnung. Ein Blog ist ein Tagebuch im Internet, ja, und ja, das sind echte Gefühle von mir. Aber dann kommen wieder die Probleme der echten Welt oder besser die "gefühlten Regeln" der Gesellschaft. Und dann denke ich mir, dass so einen halbtraurigen Scheiß halt auch keiner lesen mag und mich das auch weniger mit den Leuten verbindet. Mit den Leuten, deren Kommunikation ich halt eben nicht verstehe.

Hier breche ich ab, weil ich nicht mehr weiß, was ich eigentlich sagen wollte. Und ich lasse es nur trotzdem im Blog erscheinen, weil ich mir selbst gegenüber verpflichtet bin, vielleicht euch ein Leuchtfeuer abschießen möchte, aber eben auch, weil ich mein Herz weiter offen tragen mag. Irgendwie so.

Achtet gut auf euch.
Freundschaft.