Geh zu Kunst von Kolleg*innen

Der mieseste Move vom Kapitalismus ist und glauben zu machen, dass wir immer alle jeden Moment mit allen in Konkurenz stehen. Mit Leuten im selben Fach- und Themenbereich immer noch mal etwas mehr, aber weil uns eine Idee von "Mangel" beigebracht wird, fragen wir uns immer wie wir etwas bekommen können, weil wenn andere es vor uns bekommen, dann ist es danach ja weg und aufgebraucht. Und das ist super häufig auch einfach Quatsch. Denn während es eben Ressorucen gibt, die sich aufbrauchen auf der Welt, gibt es auch welche die nachwachsen können. Eine davon ist Aufmerksamkeit und Kooperation.

Dafür läuft es in meinen Umfeldern die ich beobachten darf ganz gut. Denn es gibt dort eine Kultur, die es sich lohnt zu betreiben: Wer selbst Kunst macht und sich die Unterstützung von Freund*innen und Kolleg*innen wünscht, unterstützt Freund*innen und Kolleg*innen. Allerdings überträgt sich das manchmal nicht an neuere Generationen Menschen die Kunst machen. Weil es sich leider nicht ganz selbst erklärt.

Sich die Shows, Austellungen, Projekte und Kunst von anderen anzuschauen, ist immer wertvoll. Für uns selbst, weil es die Chance hat uns zu inspirieren, anzustecken auch selbst wieder was erschaffen zu wollen oder uns Themen eröffnet, die wir noch nicht kannten. Dabei öffnet es uns auch empathisch für unsere Kolleg*innen. Manchmal verstehen wir dann auch menschlich mehr. Zusätzlich sehen wir auch, wie andere bestimmte Techniken anwenden, oder Entscheidungen treffen. Das schult uns ebenfalls unseren eigenen Stil zu finden. Wer nämlich in Isolation seine Kunst macht ohne Nachbarschaften, bekommt auch nicht mit, wenn etwas erschaffen wird, was es genauso schon gibt.

Allerdings hilft es auch den Kolleg*innen, weil wir für einen Momemt Publikum sind. Und Publikum lockt mehr Publikum an. Das ist etwas, was sich sogar testen lässt im Alltag. Stellt euch mal vor irgendeinen sinnlosen Gegenstand und fangt an ihn lebhaft zu beobachten, zu diskutieren und anzuschauen. Keine Ahnung, ein Stopschild in der Innenstadt. Es wird Leute geben, die euch wahrnehmen und dann schauen, was ihr euch anschaut. Da greifen irgendwelche inneren Mechanismen, vielleicht auch etwas FOMO.  Wen wir uns also mit ein paar Menschen die Kunst unserer Kolleg*innen anschauen, davon berichten und es sichtbar machen, steigt die Chance, dass andere auch mal hinschauen, die selbst gar nicht vorher interessiert waren.

Das ist auch deshalb wichtig, weil wir wollen, dass unsere Kunstform lebendig aussieht, besonders weil sie lebendig sein sollte. Wenn wir nämlich alle viel veranstalten und dann aber die Stühle, die Vorverkäufe, die Fotos von der Show leer bleiben, dann strahlt das auch schlecht auf ganze Szenen zurück. Denn Publikum kann oft vorher gar nicht abschätzen, ob ihnen gefallen wird, was angeboten wird, aber sie können darauf vertrauen, wenn sie sehen, dass auch andere Leute ihre Zeit und Energie einer Kunstform anbieten. Weil es einen abstrakten aber erkennbaren Wert andeutet und vermittelt.

Es wird nicht immer gehen, dass ihr euch Shows von Kolleg*innen anschaut und ihr solltet es auch dringend nicht als einen Tausch sehen: Ich komme zu dir, also kommst du dann auch zu mir. So eine leichte Rechnung machen wir nicht, wir sind ja keine Kinder und Teenies mehr. Wenn ihr wollt, dass Freund*innen zu euren Shows kommen, sprecht sie auch persönlich an. Zeigt ihnen, dass es euch was bedeutet. Aber macht wirklich bitte keinen Handel daraus. Denn dann ist es wieder viel näher am Kapitalismus, als wir alle sein sollten.

Kommentare

Vielleicht auch spannend: