Der gute Nap

Okay. Vielleicht hat der Artikel nichts mit Kunstmachen zu tun. Andererseits brauchen wir als Künstler*innen Energien um unsere Sachen zu machen und wenn wir eben nicht erholt sind, dann ist da in uns auch oft nichts zu holen. Oder es kostet viel mehr Zeit als sonst.

Einige Menschen in meinem Umfeld melden mir zurück, dass wenn sie erschöpft sind, sie keinen (Power-)Nap machen können, weil sie dann gar nicht mehr hochkommen danach. Ich glaube, dass das daran liegt, dass sie keinen Rahmen und keine Regeln für den Nap festlegen. Denn da unser System ein Gewohnheitstier ist, ist das wichtig um zum einen eben eine gute Gewohnheit zu etablieren, zum anderen aber auch unsere eigenen inneren Fallstricke zu umgehen.

Was ist ein (Power-)Nap?
Es handelt sich dabei um eine kurze Phase vollständiger Ruhe, unter Umständen auch Schlaf. Ein effektiver Powernap ist zeitlich begrenzt, die Empfehlungen liegen bei 15-20 Minuten. Ziel ist es dabei nicht eine Tiefschlafphase zu erreichen, sondern sich von allen Einflüssen und Wahrnehmungen erholen zu können. Im besten Fall schafft mensch einen kleinen Reset im System.

Was sind hilfreiche Regeln für einen Powernap?

Erstens: Wir schlafen nicht in einem Bett. Wir verwenden auch nicht unsere Bettwäsche aus dem Bett. Und wir ziehen uns dafür auch nicht um. Denn wir wollen unser System nicht darauf einstellen echten Schlaf zu bekommen. Ein Sofa, ein Sessel, die Yoga-Matte auf dem Boden, eine Bank, die Gartenliege, eine Hängematte, alles gut. Aber niemals ins Bett. Auch, weil es andersherum so ist, dass wir unserem Körper und inneren System nicht groß angewöhnen sollten, dass wir unser Bett für alle möglichen Aktivitäten nutzen.

Zweitens: Ein Wecker, der weit weg steht und sicher weckt. Unter Umständen und wenn vorhanden, dann nicht mal das Handy, sondern ein anderer Wecker. Denn wir wollen nicht aus dem Nap in die Versuchung gebracht werden am Handy rum zu hängen. Wir wollen aber vom Wecker gezwungen werden aufzustehen und wieder an unseren Platz zu gehen, ganz sicher aber eben auch von unserem jetzigen Platz weg.

Drittens: Eine Routine und Aufgabe anheften. Wenn ich nach dem Nap besonders dringend wieder arbeiten muss, mache ich mein Getränk, ein paar gesunde Snacks und die nächste Aufgabe am Rechner schon vor dem Nap auf. Mein Wecker lege ich in die Nähe davon. So gehe ich vom Sofa eben in die Situation und wenn ich auch sicher noch einen kleinen Moment gebrauchen könnte mich zu kalibrieren, tue ich das eben auf die nächste Aufgabe und nicht auf eine weitere Freizeit.

Viertens: Die Zahl der Naps auf den Tag ist begrenzt. Bei mir ist es einer. Das kann ich aber auch sicher festlegen, weil ich Übung darin habe und jeden Tag einen Nap mache und inzwischen ganz gut verortet habe, wo im Tag er liegen muss. Und damit meine ich keine genaue Uhrzeit, aber es gibt eine bestimmte Zahl an Aufgaben und Aktivitäten die ich frei habe, bis ich den Nap brauche. Viele neurodivergente Menschen kennen das Bild mit den Löffeln die einem an einem Tag zur Verfügung stehen. Der Nap im Tag macht, dass ich nicht zu schnell im Verbrauch werde und dazwischen auch sogar welche nachfüllen kann.

Fünftens: Keine Medien. Kein Fernseher parallel, keine Musik, keine Bücher, kein Podcast, kein Radio, nichts. Wenn das Handy der Wecker ist, dann kommt auch das weg. Jede Beschallung verhindert, dass wir unsere Reize verlieren, denn unser System nimmt auch Informationen auf, wenn wir schlafen oder dösen. Und das wollen wir nicht, denn wir wollen ja gerade alle Eindrücke rausbekommen, nicht Eindrücke nachfüllen. Denn auf ein leeres System lässt es sich gut weiterarbeiten und verarbeiten. So wie ein Computer auch den Arbeitsspeicher immer mal wieder entleeren muss.

Die genaueren Details für einen guten Nap muss mensch natürlich trotzdem für sich selbst erarbeiten, aber diese sind es von meiner Seite. Ein Regisseur dessen Name mir entfallen ist sagte mal in einem Interview, dass wenn sein Tag richtig schlecht läuft, er sich auch wieder ins Bett legt und dann wieder aufsteht und alle seine Morgenroutinen wiederholt. Und das macht er solange, bis er einen guten "Tag" hat. Ich weiß nicht wie wahr das wirklich ist und ich bin mir sicher, dass das nur mit den Privilegien geht, die sein Erfolg mit sich bringt. Aber auch mit einem Nap haben wir die Chance einen kleinen Neustart in den Tag zu packen, also kann es vielleicht auch ganz sinnvoll sein, einen Teil seiner Morgenroutinen (wenn vorhanden; wenn nicht vorhanden, dringend welche anlegen) zu erneuern und dem System einen Neustart vorzutäuschen.

Kommentare

  1. Mal wieder war ich sicher, dass das nicht klappt, weil einige der Tipps hier eh schon sind, wie ich es mache... Aber Geräusche mal wegzulassen und den Wecker auf unter 20 Minuten zu stellen, hat wirklich schon 2x gut geklappt. Ich verkneife mir Napps oft, weil ich die Erfahrung gemacht habe, dass ich danach kaputter bin als vorher. Aber da hab ich auch immer eine halbe Stunde versucht und das ist vielleicht einfach zu lang. Es lohnt sich wohl, da mal wieder genauer zu forschen, was geht und was nicht, statt es komplett zu verwerfen.

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    1. Bei einer Zeit länger als 20 Minuten versuchen die meisten Körper in die nächste Schlafphase zu wechseln, das zu stören hinterlässt einen Mangel im System, der nur schwer auszugleichen ist. Deshalb sind etwa 20 Minuten das Maximum.

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