Lobbyismus
Wenn ich in meine Umfeld aus gesellschaftskritischen Menschen schaue und dort hin frage, dann ist Lobbyismus, wenn Unternehmen und die Wirtschaft so an der Politik rumfuscheln, dass wir nachher Gesetze bekommen, die mehr dem Kapitalismus als den Menschen darin helfen. Oder nur bestimmten Menschen. In einem Interview im WDR habe ich aber gelernt, dass wenn eben auch die Wirtschaft starke Lobbys hat, Lobbyismus auch etwas anderes sein kann und wichtig ist, und sein kann.
Mein alter Freund, der Fremdwörter-Duden bietet als eine Definition an, dass eine Lobby eine Interessensgruppe ist, die versucht die Entscheidungen von Abegeordneten zu beeinflussen. Und das ist super wichtig. Das sehen wir gerade nämlich an vielen Stellen der Gesellschaft. So hatten die Pflegeberufe, die medizinische Versorgung oder auch sozialen Berufe oft keine ausreichend starke Interessensvertretung oder Möglichkeiten Poltik darauf hinzuweisen, wo es mangelt und was gebraucht wird und das baden wir jetzt zum Teil in der gesamten Gesellschaft aus.
Kunst und Kultur, die brauchen auch Lobbys. Denn was keinen Rückhalt bekommt, das verschwindet aus den Förderungen. Und deshalb ist es als Künstler*in manchmal auch wichtig, nicht nur auf die eigene Arbeit zu schauen, sondern auch auf die Lage der Szene, der Umgebung, der Kunstform als Ganzes. In meiner Heimatstadt gab es zum Beispiel irgendwann ein großes Sterben der Proberäume. Für Bands aller Arten und Geschmacksrichtungen ein großes Problem, da diese nicht mehr -eben das- Proben konnten. Und wo keine Proberäume sind, da entstehen auch keine neuen Bands. Und das ist für den Kulturbetrieb einer Stadt gar nicht mal so gut. Den Konzerte stellen einen der stärksten Bereiche der Kulturbranche dar und beschäftigen damit einen Haufen Menschen, sowohl in Technik, Organisation, bis hin zur Theke.
Das Hobby und Amateurwesen stellt dabei immer sicher, dass es genug Auffrischung gibt, sich das Blut quasi erneuert, aber auch Impulse passieren, die nicht nur die so genannte Hochkultur sind. In dem Wissen, dass das so ist, lassen einige Kulturhäuser sich immer mehr auf Projekte ein, die ihre Strukturen aufbrechen oder auch Kunstformen fördern, die bisher weniger Ansehen haben. Und auch das ist Lobby-Arbeit, braucht aber auch Lobbyarbeit.
Für uns als Einzelkünstler*innen kann es wichtig sein, mit anderen, die wir sogar vielleicht - wenn wir so eine Haltung haben - als Konkurenz sehen, uns zusammen zu schließen um an den wichtigen Stellen gemeinsam Forderungen für Unterstützung zu stellen. Denn wenn Politik und Publikum ein Format nicht mehr spannend finden oder glauben, weil es eben keine Gemeinschaften gibt, dass es nur Einzelne betrifft, dann wird es schwerer zu erhalten, was schon aufgebaut wurde. Und wenn eine Szene nicht stark aussieht, kann das auch schlecht sein für Einzelne. Denn auch eine Kunstform oder Szene kann einen Ruf haben. Und manchmal ist der hilfreich, aber manchmal eben auch schädlich.
Wie kann Lobby-Arbeit für meine oder unsere Sache also konkret aussehen?
Es kann sinnvoll sein zu recherchieren, ob es auf städtischer Ebene oder in der Region Arbeitskreise oder Vereine zu bestimmten Themen gibt. So gibt es z.B. in Essen einen Zusammenschluß der so genannten "freien Szene", was im Kern Theater, aber eben auch andere Bühnenformate vertritt. Dieser Zusammenschluss macht Werbung und Lobbyarbeit für die freien Theater und vertritt diese nach Außen und stärkt sie durch Aufmerksamkeit und Struktur.
Auch Verbündete zu finden und Kooperationen verabreden kann ein Startpunkt sein, wobei dabei immer wichtig ist viel Sorgfalt zu investieren, denn auch die Verbindung zweier Kollektive oder Gruppierungen oder Einrichtung ist eine Verbindung wie eine Freundschaft und braucht klare Gespräche und Absprachen und Austausch.
In manchen Städten gibt es auch offene Diskussionen oder Informationsveranstaltungen an Einrichtungen und Kulturhäusern. Diese können eine Basis zum Netzwerken sein. Auch Arbeitskreise der Kommune und Zuständige für Kultur in der eigenen Stadt zu kennen, kennenzulernen oder mit ihnen in Kontakt zu treten ist eine nützliche und wichtige Arbeit, um vielleicht Unterstützung zu bekommen oder eben Lobbyarbeit für seine Sache zu machen.
Lobbyismus nervt, wenn er Menschen zum Nachteil wird. Aber er ist dann gut, wenn wir eine Lobby schaffen, die das Ziel hat Menschen und Gruppen zu stärken, die sonst keine Chancen bekommen oder Nachteile erfahren würden. Also kann es sinnvoll sein Teil einer Lobby zu werden.
Spannende Perspektive. Ich hab lange nicht mehr darüber nachgedacht, dass es eben auch gut und wichtig sein kann. Früher hab ich oft gesagt "Gruppe xy hat keine Lobby" und dass mensch da solidarisch sein und unterstützen muss. Aber das ist echt lange her. Das mag ich gerne mal wieder im Kopf behalten und ansonsten weiter meinen Netzwerk-Gedanken ausbauen, den ich da habe... Und einfach gut darin bleiben, Menschen und Gruppen zu verbinden, die sich einander etwas geben und sich stützen können. Bande(n) stärken ist der absolute Hit.
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